[PDF] Magnetische Grenzflächeneffekte in Doppellagen aus V 2 O 3 und den ferromagnetisch geordneten Übergangsmetallen - Free Download PDF (2024)

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Magnetische Grenzfl¨ acheneffekte in Doppellagen aus V2O3 und den ferromagnetisch geordneten ¨ Ubergangsmetallen

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakulta¨ten der Georg-August-Universit¨at zu G¨ottingen

Vorgelegt von Bj¨orn Sass aus Wilhelmshaven G¨ottingen 2004

D7 Referent: Prof. Dr. W. Felsch Korreferent: PD Dr. Ch. Jooss Tag der m¨ undlichen Pr¨ ufung:

Lebensgefahr! 100.000 Ω (Autor unbekannt)

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Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung

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2 Physikalische Grundlagen 2.1 Exchange Bias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Exchange Bias an unkompensierten Oberfl¨achen . . . 2.1.2 Exchange Bias an kompensierten Oberfl¨achen . . . . 2.1.3 Anisotropie durch Oberfl¨achenrauhigkeit . . . . . . . 2.1.4 Anisotropie durch atomare Stufenkanten . . . . . . . ¨ 2.2 Metall-Isolator Ubergang in V2 O3 . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Elektronische und magnetische Eigenschaften von massivem V2 O3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Experimentelle Methoden 3.1 Probenpr¨aparation . . . . . . . . . . 3.2 Widerstandsmessung . . . . . . . . . 3.3 R¨ontgenbeugung . . . . . . . . . . . 3.4 Oberfl¨achenanalyse . . . . . . . . . . 3.4.1 Rastersondenmikroskopie . . . 3.4.2 Photoelektronenspektroskopie 3.5 Magnetometrie . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Magnetooptischer Kerreffekt . 3.5.2 SQUID . . . . . . . . . . . . . 3.6 R¨ontgenabsorptionsspektroskopie . . 3.6.1 XAS . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2 XMCD . . . . . . . . . . . . .

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4 Ergebnisse und Diskussion 4.1 V2 O3 -Einzelschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 4.1.1 Metall-Isolator Ubergang in V2 O3 -Schichten 4.1.2 Struktur der V2 O3 -Schichten . . . . . . . . 4.1.3 Oberfl¨achentopographie der V2 O3 -Schichten 5

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9 9 10 12 13 14 14

. 16 . . . . . . . . . . . .

19 19 20 21 22 22 23 24 24 24 25 27 30

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35 35 35 37 39

6

INHALTSVERZEICHNIS ¨ Metall-Isolator Ubergang an der Oberfl¨ache von V2 O3 Schichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 V2 O3 /(Fe,Co,Ni)-Doppellagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Kristallstruktur der Doppellagen . . . . . . . . . . . 4.2.2 Magnetische Anisotropie oberhalb TM I . . . . . . . . 4.2.3 Exchange Bias in V2 O3 /(Fe,Co,Ni)-Doppellagen . . . 4.2.4 Magnetische Anisotropie unterhalb TM I . . . . . . . . 4.2.5 XMCD an einzelnen Monolagen von Fe und Co auf V2 O3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4

. . . . . .

43 48 50 50 58 64

. 67

5 Zusammenfassung und Ausblick 79 5.1 V2 O3 -Einzelschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 5.2 V2 O3 /(Fe,Co,Ni)-Doppellagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 5.3 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Kapitel 1 Einleitung Magnetische Mehrfachschichtsysteme sind heutzutage weit verbreitet. Unter anderem durch die Entdeckung des Riesenmagnetowiderstandseffektes (GMR) von Gr¨ unberg [1] und Fert [2] im Jahre 1986 finden magnetische Schichtsysteme nicht nur in der Speichertechnologie, sondern auch in der Sensorik ein breites Anwendungsgebiet. Von großem Interesse sind Kombinationen von metallischen und oxidischen Systemen im Hinblick auf SpinTunnel-Strukturen [3]. Ein besonderes Augenmerk muss dabei auf die jeweiligen Grenzfl¨achen der Schichten gelegt werden, da diese bei zunehmender Reduktion der Schichtdicke (bis auf wenige nm) im Vergleich zu Volumenbeitr¨agen dominierend werden k¨onnen. Verkompliziert wird das Verst¨andnis durch das komplexe Zusammenspiel von Hybridisierung an der Grenzfl¨ache, mechanischen Spannungen, aber auch magnetokristallinen und magnetostatischen Beitr¨agen der Einzellagen und Kopplungsph¨anomenen zwischen diesen. Die in solchen Schichtstrukturen eingesetzten Oxide zeigen eine atemberaubende Vielfalt an elektronischen und magnetischen Eigenschaften. Die gr¨oßte Zahl der einfachen Metalloxide Mx Oy zeigt um Raumtemperatur ein isolierendes, diamagnetisches Verhalten. Eine h¨aufig untersuchte Ausnahme bilden ¨ dabei einige der Ubergangsmetalloxide, so wie die Ferro- bzw. Ferrimagneten CrO2 und Fe3 O4 , aber auch antiferromagnetisch geordnete Oxide wie Cr2 O3 , ¨ NiO und CoO. Besonders interessant unter diesen Ubergangsmetalloxiden ist das System Vanadium-Sauerstoff, da es ein reichhaltiges Phasendiagramm besitzt mit metallischen, isolierenden, diamagnetischen und antiferromagnetisch geordneten Eigenschaften bei unterschiedlichen Zusammensetzungen. Eine herausragende Stellung unter diesen Vanadiumoxiden hat das Vanadi¨ umsesquioxid V2 O3 inne, da es einen spektakul¨aren Metall-Isolator Ubergang bei TM I = 170 K, verbunden mit antiferromagnetischer Ordnung, zeigt. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die zahlreichen elektronischen und magnetischen Effekte an der Grenzfl¨ache zwischen dem Antiferromagneten V2 O3 7

8

KAPITEL 1. EINLEITUNG

und den Ferromagneten Eisen, Kobalt und Nickel bei Schichtdicken von wenigen Nanometern eingehend untersucht und auch erkl¨art.

Kapitel 2 Physikalische Grundlagen Zuerst soll an dieser Stelle auf die Grundlagen der in dieser Arbeit untersuchten Austauschanisotropieverschiebung oder auch Exchange Bias eingegangen werden. Zudem werden die theoretischen Modelle erl¨autert, die eine Erkl¨arung dieses Effektes in neuerer Zeit weiter vorangebracht haben. In Abschnitt 2.2 soll dann der in dieser Arbeit eingesetzte Antiferromagnet V2 O3 genauer beschrieben werden. Eine Austauschkopplung in Doppellagensystemen mit diesem Oxid ist bisher noch nicht untersucht worden.

2.1

Exchange Bias

Seit den Beobachtungen von Meiklejohn und Bean aus dem Jahr 1956 an einem System aus Kobalt-Nanopartikeln mit einer Kobaltoxid-H¨ ulle ist bekannt, dass es durch den Kontakt eines Antiferromagneten mit einem Ferromagneten zu einer Verschiebung der Hysterese des Ferromagneten entlang der Feldachse kommen kann (Abblidung 2.1). Dieser Effekt wurde als Austauschanisotropieverschiebung oder auch Exchange Bias bezeichnet, wobei das Austauschverschiebungsfeld definiert ist als Mittelpunkt der Hysterese HEB =

Hc,1 + Hc,2 . 2

(2.1)

Es handelt sich hierbei um einen Effekt, der empfindlich von der Spinstruktur an der Grenzfl¨ache beeinflusst wird. So ist zum Beispiel heute bekannt, dass es bei Oberfl¨achen mit einer kompensierten bzw. unkompensierten Spinstruktur im Antiferromagneten zu unterschiedlichen Kopplungen des Ferromagneten kommen kann. In den folgenden Jahren wurde der Effekt experimentell in vielen anderen Systemen aus Antiferromagnet und Ferromagnet nachgewie¨ sen. Einen umfassenden Uberblick bieten die Artikel von Berkowitz [5] und 9

10

KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN

Abbildung 2.1: Links: Hystereseschleife von oxidummantelten KobaltNanopartikeln bei 77 K. Die gestrichelte Kurve zeigt eine Hystereseschleife, wenn die Probe ohne ¨außeres Feld abgek¨ uhlt wird; die durchgezogene ist aufgenommen worden, nachdem die Probe in einem Magnetfeld (gr¨oßer als das S¨attigungsfeld) abgek¨ uhlt wurde. Rechts: Schematisches Bild einer Grenzfl¨ache von Ferromagnet und Antiferromagnet bei einem kleinen angelegten Magnetfeld [4]. Nogu´es [6]. Zudem wurde immer wieder versucht, die Austauschanisotropie theoretisch zu beschreiben, was jedoch bis heute nicht in allen Einzelheiten gelungen ist.

2.1.1

Exchange Bias an unkompensierten Oberfl¨ achen

Ein einfaches Modell (Abbildung 2.1) f¨ ur die Austauschanisotropie wurde von Meiklejohn bereits 1957 aufgestellt [4]. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Antiferromagnet und der Ferromagnet jeweils uniaxiale magnetische Anisotropien besitzen, die parallel zueinander angeordnet sind. Die Anisotropie des Antiferromagneten soll dabei gr¨oßer sein, als die Austauschanisotropie zwischen Ferromagnet und Antiferromagnet. An der Grenzfl¨ache des Antiferromagneten zum Ferromagneten muss in der Ebene eine Spinrichtung bevorzugt vertreten sein. Im Idealfall handelt es sich um eine mangetisch vollst¨andig unkompensierte Oberfl¨ache. Der Winkel zwischen der Magnetisierung des Ferromagneten und dem von außen anliegenden Magnetfeld wird im folgenden mit ϕ bezeichnet. Die Austauschwechselwirkung der Spins u ¨ber die Grenzfl¨ache hinweg wird dabei als Fl¨achenenergiedichte JF/AF in Einhei-

2.1. EXCHANGE BIAS

11

ten von erg/cm2 angesetzt. Wird nun noch die Kristallanisotropie K1 des Ferromagneten und die Zeeman-Energie hinzugenommen, so ergibt sich folgender Ausdruck f¨ ur die freie Energiedichte: E = −HMS tf cos(ϕ) − JF/AF cos(ϕ) + K1 sin2 (ϕ)

(2.2)

Diese Energiedichte hat Extremstellen bei ϕ = 0◦ und 180◦ , die der S¨attigung der ferromagnetischen Schicht entsprechen. F¨ ur HMs tf + JAF + 2K1 > 0 ist ϕ = 0◦ die L¨osung mit minimaler Energie, f¨ ur HMs tf − JAF − 2K1 < 0 ist es ϕ = 180◦ . Das Verschiebungsfeld HE ergibt sich nun durch Differenzbildung der Koerzitivfelder aus den Stabilit¨atsbedingungen. HEB =

JF/AF Ms tf

(2.3)

Der Austauschparameter u ¨ ber die Grenzfl¨ache zwischen Antiferromagnet und Ferromagnet JF/AF kann in einem einfachen Heisenberg-Modell dargestellt werden. ~i S ~j Jex S HEB = 2 (2.4) a Ms tf Das Austauschintergral Jex ist in erster N¨aherung der Mittelwert aus den jeweiligen Austauschkonstanten des Ferro- und Antiferromagneten, wobei a der Gitterparameter u ¨ber die Grenzfl¨ache hinweg ist. Die Spin-Momente auf ~i,j bezeichSeite des Antiferromagneten und des Ferromagneten sind mit S net. Die beobachteten Verschiebungsfelder HEB betragen jedoch typischerweise nur einige Prozent des von einer atomar glatten, vollst¨andig unkompensierten Oberfl¨ache zu erwartenden Wertes. F¨ ur FM/AFM Grenzfl¨achen wird in diesem Zusammenhang sowohl ein direkter Austausch [7], als auch ein Superaustausch-Mechanismus diskutiert [8]. Im Folgenden sollen die Einfl¨ usse von verdrehten oder verkanteten Spinstrukturen im Antiferromagneten bzw. von Grenzfl¨achenrauhigkeiten auf den Exchange Bias n¨aher betrachtet werden. Das zuvor eingef¨ uhrte einfache Modell vernachl¨assigt das Mitdrehen der Grenzfl¨achen-Spins im Antiferromagneten mit dem Ferromagneten. Um dieses zu ber¨ ucksichtigen wird zur Vereinfachung wird angenommen, dass der Ferromagnet keine Anisotropie zeigt (K1 = 0) und koh¨arent mit den antiferromagnetischen Momenten an der Grenzfl¨ache rotiert. Nun soll αAF die magnetisch leichte Richtung des Antiferromagneten mit der Kopplungskonstanten σ sein und αAF,i der verdrehte Teil an der Grenzfl¨ache zum Ferromagneten. Es ergibt sich folgender Ausdruck f¨ ur die zu minimierende freie Energiedichte: E = −HMS tf cos(ϕ) − JF/AF cos(αAF,i − ϕ) + σ(1 − cos(αAF,i − αAF )) (2.5)

12

KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN

Die Koerzitivfelder werden durch die Bedingung bestimmt, dass der Winkel zwischen der Magnetisierung des Ferromagneten und dem Feld genau 90◦ betr¨agt, und das Verschiebungsfeld ist wiederum als Differenz daraus: HEB =

JF/AF r Ms tf 1+

cos(ϕ) J1 | sin(αAF 2σ

− ϕ)| +

J1 2σ

2

(2.6)

Die Gr¨oße der Korrektur wird durch den Beitrag J1 /2σ bestimmt, welcher die Form einer Dom¨anenwandl¨ange pro atomarer Lage hat. Eine interssante Konsequenz dieser Betrachtung ist, dass die Dicke des Antiferromagneten eine kritische Dicke u ¨berschreiten muss, um die Bildung einer partiellen Dom¨anenwand zu erm¨oglichen. Das f¨ uhrt zu einer Abh¨angigkeit des Exchange Bias von der Dicke des Antiferromagneten (siehe dazu [9] und Verweise in dieser Arbeit).

2.1.2

Exchange Bias an kompensierten Oberfl¨ achen

Entsprechend dem vorherigen Modell w¨ urde f¨ ur eine vollst¨andig kompensierte Oberfl¨ache des Antiferromagneten kein Exchange Bias zu erwarten sein, da der Ferromagnet zu gleichen Teilen an die beiden Untergitter koppeln kann. Inspiriert durch Simulationen von Koon [10] wird angenommen, dass durch Verkantung der Spins im Antiferromagneten an der Grenzfl¨ache auch f¨ ur kompensierte Oberfl¨achen ein kleines magnetisches Moment an der Grenzfl¨ache induziert wird. Der Ferromagnet koppelt nun antiparallel zu dem durch die Verkantung im Antiferromagneten erzeugte Nettomoment. Seine Magnetisierung ist damit senkrecht zur leichten Achse des Antiferromagneten ori¨ entiert (Abbildung 2.2(c)). Diese Uberlegung ist eng verbunden mit der Idee einer biquadratischen Kopplung [11]. Wird ein entsprechender quadratischer Beitrag mit der Kopplungskonstanten J2 zu der freien Energie in Gleichung 2.5 hinzugef¨ ugt, so ergibt sich f¨ ur das Verhalten des Exchange Bias an einer vollst¨andig kompensierten Oberfl¨ache der Ausdruck: HEB

σ = 2Ms tf

s

1−

σ 4J2

2

(2.7)

Demnach kann es nur unter der Bedingung J2 > σ zu einem Exchange Bias kommen. Das bedeutet, dass die Grenzfl¨achen-Kopplungsenergie gr¨oßer sein muss, als die Energie zur Bildung einer verdrehten Spinstruktur bzw. einer Dom¨anenwand im Antiferromagneten. Von besonderer Bedeutung bei D¨ unnschichtstrukturen sind die Grenzfl¨achenrauhigkeiten. Dieser Einfluss wurde von Kim untersucht [12], der, startend

2.1. EXCHANGE BIAS

13

Abbildung 2.2: Schematische Spinstruktur eines Antiferromagneten aus zwei Untergittern mit einer unkompensierten Grenzfl¨ache (a) und einer vollst¨andig kompensierten Grenzfl¨ache (b). In (c) ist die Verkantung der Spins an einer kompensierten Oberfl¨ache illustriert [9]. von einer vollst¨andig kompensierten bzw. vollst¨andig unkompensierten Oberfl¨ache, die Konzentration von Punkt und Liniendefekten im Antiferromagneten erh¨oht. Eine zentrale Aussage ist, dass ausgehend von einer vollst¨andig unkompensierten Oberfl¨ache bei zunehmender Zahl von Liniendefekten die Kopplung von parallel zu senkrecht dreht.

2.1.3

Anisotropie durch Oberfl¨ achenrauhigkeit

Neben der uniaxialen Kristallanisotropie und der durch den Kontakt mit einem Antiferromagneten induzierten uniaxialen Anisotropie kann auch eine Grenz- bzw. Oberfl¨achen-Rauhigkeit zur uniaxialen Anisotropie beitragen. Wolfe [13] hat gezeigt, dass bei unter schr¨agem Einfall auf einem MgOSubstrat deponierten Eisenschichten sich eine rillenf¨ormige Oberfl¨achenstruktur ausbildet, die ihrerseits zur uniaxialen Anisotropie beitr¨agt. Die effektive Anisotropie in der Ebene l¨aßt sich durch eine Energie pro Einheitsfl¨ache in der Form Eσ = Kσ sin2 (ϕ − ϕ0 )

(2.8)

darstellen. Wie Arias und Millis [14] zeigen, sollte die Rauhigkeit quadratisch in die Anisotropiekonstante Kσ eingehen.

14

2.1.4

KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN

Anisotropie durch atomare Stufenkanten

An Oberfl¨achen kommt es nicht nur zu der zuvor diskutierten Anisotropie durch eine rauhigkeitsinduzierte dipolaren Kopplung. Einen weiteren, wichtigen Beitrag liefert die Kristallanisotropie durch atomare Stufenkanten. Die magnetokristalline Anisotropie l¨asst sich intrinsisch aus der Spin-BahnWechselwirkung ableiten und reagiert dementsprechend sehr empfindlich auf die lokale Symmetrie der Atome, welche das magnetische Moment tragen. In die Gr¨oße dieses Energiebeitrags geht sowohl die reziproke Schichtdicke 1/d, als auch die Fl¨achedichte der Stufen bzw. die Terrassenbreite 1/L ein. Die gesamte magnetokristalline Aniosotropie setzt sich dann aus dem Volumenbeitrag, einem Oberfl¨achenbeitrag und dem hier diskutierten Beitrag von Stufenkanten zusammen: EA = EA,V olumen − 2

EStuf en EOberf l¨ache −2 d dL

(2.9)

Je nach Gr¨oße der einzelnen Beitr¨age k¨onnen unterschiedliche Orientierungen der Magnetisierung relativ zu den Stufenkanten beobachtet werden. Am System Co auf vizinal geschnittenem Cu(1 1 13) wurde zum Beispiel gezeigt, dass die Vorzugsorientierung der Magnetisierung je nach Schichtdicke und Terrassenbreite senkrecht bzw. parallel zu den Stufenkanten liegen kann [15].

2.2

¨ Metall-Isolator Ubergang in V2O3

Auch ohne Ber¨ ucksichtigung von Grenzfl¨acheneffekten ist Vanadiumsesquioxid (V2 O3 ) an sich schon ein interessantes, aber auch schwer zu handhaben¨ des Material, welches aufgrund seines spektakul¨aren Metall-Isolator Uberganges viele Theoretiker und Experimentatoren u ¨ber die letzten Jahrzehnte auf Trab gehalten hat. Eine sehr umfassende Zusammenstellung u ¨ ber Materiali¨ en, die einen Metall-Isolator Ubergang zeigen, ist von Imada [16] ver¨offentlicht worden. Außerdem sei an dieser Stelle auf das Buch von Mott u ¨ber ¨ Metall-Isolator Uberg¨ ange verwiesen [17]. Einkristallines V2 O3 liegt bei Raumtemperatur in einer rhomboedrischen Kristallstruktur vor. Bei Abk¨ uhlung unter 170 K kommt es zu einer abrupten Umwandlung in eine monoklin verzerrte Struktur [19]. Der thermische Ausdehnungskoeffizient zeigt bei dieser Temperatur eine Anomalie: Bei Temperaturerniedrigung dehnt sich das Volumen um 1,4 % aus. Einher mit ¨ ¨ der Anderung der Kristallstruktur geht ein Ubergang von paramagnetisch metallischem Verhalten hin zu einem antiferromagnetisch geordneten Isolator. F¨ ur st¨ochiometrisches V2 O3 ¨offnet sich eine Energiel¨ ucke von etwa 0,6 eV [20]. Die Anomalie des Ausdehnungskoeffizienten erm¨oglicht es nun, durch

¨ 2.2. METALL-ISOLATOR UBERGANG IN V2 O3

15

Abbildung 2.3: Phasendiagramm des Systems (V2−x Mx )O3 mit metallischen Substituenden (M:Cr,Ti) und Druckabh¨angigkeit des reinen Oxids V2 O3 [18].

16

KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN

externen Druck bzw. chemischen Druck durch Legierung von Chrom oder Ti¨ tan diesen Metall-Isolator Ubergang zu verschieben. Ein weitl¨aufig bekanntes Phasendiagramm des Systems V2 O3 wurde von McWhan bestimmt und ist in Abbildung 2.3 gezeigt [18]. Zu erw¨ahnen sind dabei die paramagnetisch metallische (PM) und die paramagnetisch isolierende Phase (PI) bei hohen Temperaturen und die antiferromagnetisch geordnete isolierende Phase (AFI) bei tiefen Temperaturen. Die jeweiligen Phasen¨ uberg¨ange sind von 1. Ordnung.

2.2.1

Elektronische und magnetische Eigenschaften von massivem V2O3

¨ Der Metall-Isolator Ubergang in V2 O3 wurde lange Zeit als Paradebeispiel ¨ f¨ ur einen Mott-Hubbard Ubergang gehandelt. Die entscheidenden Gr¨oßen im Mott-Hubbard Modell sind die Bandbreite W der f¨ ur die Transporteigenschaften relevanten Elektronenzust¨ande (hier das 3d-Band) und die intraatomare Coulombwechselwirkung dieser Elektronen U (auch Hubbard U genannt). In einem einfachen Bild reguliert der V-V-Abstand im V2 O3 den ¨ Uberlapp der 3d-Zust¨ande und damit die Gewichtung zwischen U und W . Ist U gr¨oßer als W handelt es sich um einen Isolator, ist U hingegen kleiner als W handelt es sich um ein Metall. ¨ Anf¨anglich wurde auch theoretisch versucht, den Ubergang in einem MottHubbard Modell mit nur einem Band zu beschreiben. Dazu musste zun¨achst angenommen werden, dass eines der beiden Elektronen am Vanadium (formale Valenz V-3d2 ) an einer Heitler-London-artigen Bindung mit einem benachbarten Vanadium Atom beteiligt ist und somit f¨ ur die magnetischen Eigenschaften keinen Beitrag liefert. Eine schematische Darstellung der Aufspaltung der entarteten 3d-Zust¨ande im rhomboedrische Kristallfeld in eπg -, a1g - und eσg -Zust¨ande und die von Castellani postulierte Bildung eines bindenden Molek¨ ulzustandes sind in Abbildung 2.4 dargestellt. Das ensprechende a1g -Orbital hat eine 3z 2 − r 2 -Symmetrie und ist entlang der hexagonalen cAchse gerichtet. Das verbleibende Elektron besetzt das zweifach entartete eπg Orbital, welches ungef¨ahr in der hexagonalen Ebene liegt. Unter dieser Annahme wurde von Castellani und Mitarbeitern eine theoretische Beschreibung versucht; sie hat anf¨anglich gute Ergebnisse zur Erkl¨arung der antiferromagnetischen Struktur geliefert [21]. Messungen der polarisationsabh¨angigen R¨ontgenabsorption von Park [22] zeigen jedoch Beitr¨age sowohl mit a1g - als auch mit eπg -Charakter. Die unterschiedlichen Phasen (PM, PI und AFI) des V2 O3 zeigen dabei unterschiedliche Besetzungen der a1g - und eπg -Orbitale. Die Ausildung einer Heitler-

¨ 2.2. METALL-ISOLATOR UBERGANG IN V2 O3

17

Abbildung 2.4: Kristallfeldaufspaltung der 3d-Elektronenzust¨ande im rhomboedrischen Kristallfeld und die sich ergebenden Molek¨ ulzust¨ande nach Castellani [21].

Abbildung 2.5: (11¯20)-Ebene (links) und (0001)-Ebene (rechts) der rhomboedrischen Kristallstruktur. Die Richtung der magnetischen Momente in der AFI-Phase am Vanadium ist durch Pfeile gekennzeichnet.

18

KAPITEL 2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN

London-artigen Bindung wird hierdurch ausgeschlossen. Die energetische Aufspaltung der beteiligten Orbitale sollte eher wie in Abbildung 2.4 f¨ ur das rhomboedrische Kristallfeld aussehen, als wie f¨ ur die Bildung eines bindenden Molek¨ ulzustandes entlang der c-Achse. Auch von theoretischer Seite wurde das einfache Ein-Band-Modell erweitert und liefert f¨ ur einen Spin S = 1 Zustand passende Werte f¨ ur die Bandl¨ ucke und die Gr¨oße des magnetischen Moments in der AFI-Phase [23, 24]. Die in Abbildung 2.5 dargestellte magnetische Struktur in der Tieftemperaturphase weicht stark von der eines einfachen Antiferromagneten mit zwei Untergittern ab. Innerhalb einer (11¯20)-Ebene sind die magnetischen Momente am Vanadium ferromagnetisch geordnet. Zu den Momenten in den direkt benachbarten (11¯20)-Ebenen ist die Kopplung antiferromagnetisch. Das magnetische Moment pro Vanadium wurde durch Neutronenstreuung bestimmt. Es hat eine Gr¨oße von 1, 2µB und schließt mit der hexagonalen c-Achse einen Winkel von etwa 71◦ ein [25].

Kapitel 3 Experimentelle Methoden Die Herstellungsbedingungen f¨ ur die untersuchten Einzel- und Doppelschichten und die im Rahmen dieser Arbeit eingesetzten experimentellen Untersuchungsmethoden sollen in diesem Kapitel kurz eingef¨ uhrt werden.

3.1

Probenpr¨ aparation

Die Probenpr¨aparation erfolgte in einer Ultrahochvakuumanlage (Basisdruck < 10−9 mbar), wie sie in Abbildung 3.1 skizziert ist. In der sogenannten Oxidationskammer sind zwei handels¨ ubliche 2-Zoll Magnetron Sputterquellen vom Typ MAK-II installiert. Die Vanadiumoxidschichten werden vom reinen Vanadiumtarget in einer Atmosph¨are von Argon und Sauerstoff abgeschieden. Da das gew¨ unschte Vanadiumoxid V2 O3 einen, im Vergleich zu den anderen stabilen Vanadiumoxiden, sehr geringen Sauerstoffgehalt und ein sehr schmales Stabilit¨atsgebiet hat (wenige 0/00 Sauerstoff), muss ein besonderes Augenmerk auf die Regelung des Sauerstoffs gelegt werden. Der hier verwendete Massenflussregler der Firma MKS mit einem maximalen Regelbereich von 10 sccm wurde mit einem Gemisch aus Ar und O2 im Verh¨altnis 9:1 betrieben, da bei reinem Sauerstoff der Fluss am unteren Ende des Regelbereiches eingestellt werden m¨ usste. Die Ergebnisse mit dem Gasgemisch Ar+(90Ar:10O2) sind von Seiten der St¨ochiometrie der Schichten viel besser, als die mit Ar+O2 . Die Flussraten sind typischerweise 30 sccm f¨ ur das reine Argon und um die 8 sccm f¨ ur das Gemisch Ar/O2 . Die Sputterleistung wurde konstant auf P = 60 W eingeregelt. Unter diesen Bedingungen ergibt sich eine Wachstumsrate f¨ ur das Oxid von etwa 2,5 ˚ A/s. Die Deposition der Oxidschichten geschieht auf einkristallinen, einseitig polierten Saphir-Substraten in (11¯20)- und (0001)-Orientierung. W¨ahrend der Deposition sind die Substrate auf einer Temperatur von 600◦C. Nach der De19

20

KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN

position werden die Schichten bei dieser Temperatur f¨ ur eine Stunde ausgelagert. Anschließend k¨onnen die Schichten in situ in die XPS Analysekammer transferiert werden. In dieser Kammer besteht zus¨atzlich die M¨oglichkeit der ¨ Analyse durch Elektronenbeugung (RHEED). Zur Abscheidung der Ubergangsmetallschichten und einer Aluminium Schutzschicht k¨onnen die Proben in eine Pr¨aparationskammer geschleust werden. Dort k¨onnen mit einer Kaufman-Ionenquelle von einem drehbaren Targethalter bis zu vier unterschiedliche Materialien abgeschieden werden. Die Wachstumsraten liegen im Bereich von 0,5 ˚ A/s. F¨ ur die Messungen am Synchrotron m¨ ussen die Oxidschichten an Luft transportiert werden. Das experimentelle Vorgehen bei der Reinigung dieser Schichten ist in Abschnitt 3.6.1 genau beschrieben.

Abbildung 3.1: Horizontaler Schnitt durch die Pr¨aparations- und Analyseanlage.

3.2

Widerstandsmessung

Widerstandsmessungen bei Temperaturen von Raumtemperatur bis runter auf 4,2 K stellen f¨ ur die V2 O3 -Schichten die wichtigste Charakterisierungsmethode dar. Sie wurden allesamt in 4-Punkt Geometrie in einem Heliumkryostaten durchgef¨ uhrt, wobei 4 Kontakte nebeneinander, mechanisch auf die Probenober-

¨ 3.3. RONTGENBEUGUNG

21

fl¨ache gedr¨ uckt wurden. Der Ausgangswiderstand bei den gew¨ahlten Kontaktabst¨anden im metallischen Zustand bei Raumtemperatur liegt in der Gr¨oßenordnung von 10 bis 100 Ω (je nach Schichtdicke). Aus diesem Grund kann auf komplizierte lock-in Technik verzichtet werden. Die Signalaufnahme erfolgt mit einem Standard Digitalmultimeter vom Typ Keithley 2001.

3.3

R¨ ontgenbeugung

Die elektronischen und magnetischen Eigenschaften von V2 O3 reagieren emp¨ findlich auf Anderungen der Kristallstruktur und auf mechanische Spannungen (siehe Abschnitt 2.2). Aus diesem Grund wurden standardm¨aßig R¨ontgenbeugungsexperimente durchgef¨ uhrt. Die mittlere Wellenl¨ange der verwendeten Cu-Kα Strahlung betr¨agt λ = 1, 5418 ˚ A. Die gew¨ohnlichen R¨ontgendiffraktogramme wurden in Θ−2Θ Bragg-Brentano Geometrie durchgef¨ uhrt. Dabei steht der Streuvektor der R¨ontgenstrahlung ~q immer senkrecht auf der Probenoberfl¨ache. F¨ ur den Betrag des Streuvektors gilt: 4π |~q| = |~kein − ~kaus | = sin(Θ) (3.1) λ und man erh¨alt eine Information u ¨ber die strukturelle Periodizit¨at in Wachstumsrichtung. Die Lage eines Reflexes im reziproken Raum ist mit der entsprechenden Strukturl¨ange d u upft. ¨ber die Bragg-Gleichung verkn¨ 2d sin(Θ) = nλ

(3.2)

Das gilt in erster N¨aherung auch f¨ ur die Messungen im Kleinwinkelbereich ◦ (2Θ < 10 ). Dort ist es jedoch nicht die atomare Lagenstruktur, sondern die chemische Modulation eines Schichtsystems, welche die Reflexe bestimmt. Zur Anpassung der Daten im Kleinwinkelbereich wurde das Simulationsprogramm Parratt32 [26] genutzt, mit dem eine Aussage u ¨ ber die Schichtdicken und Grenzfl¨achenauhigkeiten von Einzel- und Mehrfachlagen m¨oglich ist. Es geht auf eine Arbeit von Parratt aus dem Jahre 1954 zur¨ uck [27]. Im Weitwinkelbereich kann außerdem eine Information u ¨ber die mittlere Ausdehnung der koh¨arent streuenden Bereiche entlang des Streuvektors gewonnen werden. Unter der Annahme sph¨arischer Kristallite kann diese Ausdehnung τ mit Hilfe der Scherrer Formel bestimmt werden. τ=

0, 9λ Γ cos(Θ)

(3.3)

Dabei ist Γ die Halbwertsbreite in Bogenmaß des jeweiligen Reflexes in 2ΘAuftragung [28].

22

KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN

Abbildung 3.2: Streugeometrie bei der R¨ontgenbeugung in einem 4-Kreis Go~ ist ein reziproker Gittervektor mit einer Komponente in Schichniometer. G tebene, ~q ist der Streuvektor, der sich als Differenz der Wellenvektoren der einfallenden ~kein und ausfallenden Strahlung ~kaus ergibt. An ausgew¨ahlten Proben wurden auch Texturaufnahmen in einem 4-Kreis Goniometer durchgef¨ uhrt. Dabei wird der Winkel 2Θ zwischen einfallendem R¨ontgenstrahl und Detektor fest auf eine Kristallebene eingestellt, deren re~ eine Komponente in Schichtebene besitzt. Durch die ziproker Gittervektor G Variation des Azimutalwinkels ϕ und des Verkippungswinkels Ψ kann nun eine r¨aumliche Verteilung der Orientierungen des entsprechenden reziproken Gittervektors aufgenommen werden.

3.4 3.4.1

Oberfl¨ achenanalyse Rastersondenmikroskopie

Um eine Information u unnen V2 O3 ¨ber die Struktur der Oberfl¨ache der d¨ Schichten zu erhalten, wurden Rastersondentechniken eingesetzt. Neben einem Rastertunnelmikroskop (STM) f¨ ur die metalischen Proben kam auch ein Rasterkraftmikroskop (AFM) zum Einsatz. Beide k¨onnen u ¨ber dieselbe Steuereinheit eines Nanoscope II betrieben werden. Zur detailierten Arbeitsweise dieser Abbildungsmethoden wird an dieser Stelle f¨ ur das STM auf das Buch von G¨ untherodt und Wiesendanger [29] und f¨ ur das AFM auf das Buch von Meyer, Hug und Bennewitz [30] verwiesen. Mit beiden Ger¨aten k¨onnen Oberfl¨achenstrukturen bis auf Namometerskala aufgel¨ost werden. Die Proben wurden bei Raumtemperatur und in normaler Atmosph¨are gemessen. Die gemessene Oberfl¨achentopographie ist trotz der Oxidation an der Oberfl¨ache chrakteristisch f¨ ur das darunterliegende reine V2 O3 .

¨ 3.4. OBERFLACHENANALYSE

23

Weitergehend konnten an ausgew¨ahlten Proben Messungen der Tunnelspektroskopie bei Raumtemperatur und T = 77 K (fl¨ ussiger Stickstoff) durchgef¨ uhrt werden. Bei dieser Spektroskopie-Methode werden mit einem STM lokale Tunnelkennlinien bei einer festen H¨ohe der Tunnelspitze u ¨ ber der Pro˚ be aufgenommen (typischerweise einige A). Die Spannung zwischen Spitze und Probe wird dabei von -1 V bis +1 V variiert und der dazugeh¨orige Tunneltrom aufgenommen. F¨ ur die in dieser Arbeit gezeigten Spektroskopien wurden auf einem Bildausschnitt von 80×80 nm2 128×128 einzelne Kennlinien aufgenommen. Zuvor mussten die Proben an Luft transprotiert und in das STM eingebaut werden. Die bei dem Transfer entstandene nat¨ urliche Oxidschicht an der Oberfl¨ache wurde durch Ionenstrahlerosion entfernt.

3.4.2

Photoelektronenspektroskopie

Die R¨ontgen-Photoelektronenspektroskopie XPS ist eine sehr oberfl¨achenempfindliche Messmethode, mit der chemische Bindungsverh¨altnisse analysiert und auch kleinste Verunreinigungen nachgewiesen werden k¨onnen. Hierzu wird die Probe im UHV mit der charakteristischen Kα R¨ontgenstrahlung von typischerweise Aluminium (ER¨ontgen = 1486, 6 eV) oder Magnesium (ER¨ontgen = 1253, 6 eV) bestrahlt. Ist nun die eingestrahlte Energie des R¨ontgenlichts gr¨oßer als die Summe aus Bindungsenergie EB eines Elektrons der Probe und der Austrittsarbeit W , so kann dieses Elektron die Probenoberfl¨ache verlassen. Die kinetische Enerige Ekin , mit der es die Oberfl¨ache verl¨asst, ist charakteristisch f¨ ur seinen Bindungszustand. Ekin = ER¨ontgen − EB − W

(3.4)

Mit einem hemisph¨arischen Energieanalysator k¨onnen diese Elektronen spektroskopiert werden. Neben den XPS-Linien sind im Spektrum auch solche von Augerelektronen zu finden. Bei diesen wird das durch die Emission eines Innerschalen-Elektrons entstandene Loch durch ein Elektron aus einer ¨außeren Schale aufgef¨ ullt. Mit der daraus frei werdenden Energie kann dann das sogenannte Auger-Elektron die Probenoberfl¨ache verlassen. Mit Hilfe einer Datenbank k¨onnen dann die XPS- und Auger-Linien den jeweiliegen Elementen und ihren chemischen Umgebungen zugeordnet werden [31]. Die genaue Funktionsweise des hier verwendeten XPS-Systems mit hemisph¨arischem Analysator der Firma SPECS ist in der Diplomarbeit von Christian Tusche ausf¨ uhrlich beschrieben [32].

24

3.5

KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN

Magnetometrie

Ein großer Teil dieser Arbeit besch¨afftigt sich mit den magnetischen Eigen¨ schaften von Doppellagen aus V2 O3 und den ferromagnetichen Ubergangsmetallen. Die im Rahmen dieser Arbeit eingesetzten magnetischen Untersuchungsmethoden sind zum einen der magnetooptische Kerreffekt und zum anderen die SQUID-Magnetometrie. Beide Methoden sind hervorragend geeignet, um die magnetischen Eigenschaften von d¨ unnen Schichten zu analysieren.

3.5.1

Magnetooptischer Kerreffekt

Beim magnetooptischen Kerreffekt (MOKE) wird sich zunutze gemacht, dass bei der Reflexion von linear polarisiertem Licht an einer metallischen ferromagnetischen Schicht sich die Polarisationsebene des Lichtes dreht. Diese Drehung ist von der Gr¨oßenordnung einiger 1/100 Grad und erfordert bei der Erfassung eine ausgekl¨ ugelte Mess- und Regeltechnik. Auf atomarer Ebene kann dieser Effekt folgendermaßen verstanden werden (siehe Abbildung 3.3): Durch Anregung mit Laserlicht werden inter-Band¨ uberg¨ange in die freien Zust¨ande an der Fermienergie induziert. Das linear polarisierte Laserlicht ¨ wird als Uberlagerung von gleichen Anteilen links- und rechts-zirkular polarisiertem Licht aufgefasst. Aufgrund der durch die Austauschwechselwirkung verschobenen Subb¨ander des Ferromagneten gibt es eine unterschiedliche Absorption je nach Orientierung der zirkularen Polarisation. So kommt es bei der Reflexion an einer ferromagnetisches Schicht zur Drehung der Polarisationsebene des Lichtes. Die Messungen wurden allesamt in longitudinaler Geometrie durchgef¨ uhrt. Das bedeutet, dass die Richtung des externen Magnetfeldes in der Einfallsebene des Lichtes liegt. Das maximale Magnetfeld des verwendeten Helmholtz-Spulenpaares betr¨agt 800 Oe. Durch einen drehbaren Probenhalter konnten beliebige Winkel in der Probenebene zum Magnetfeld eingestellt werden. Dieser Aufbau ist hervorragend geeignet, Anisotropien in der Schichtebene zu bestimmen. Zu Einzelheiten bez¨ uglich des hier verwendeten Messaufbaus sei auf die Diplomarbeit von Markus M¨ unzenberg verwiesen [33].

3.5.2

SQUID

Magnetisierungsmessugen bei variabler Temperatur wurde in einem handels¨ ublichen MPMS SQUID-System der Firma Quantum Design durchgef¨ uhrt. Dort k¨onnen durch Dampfdruckerniedrigung von fl¨ ussigem Helium Tempe-

¨ 3.6. RONTGENABSORPTIONSSPEKTROSKOPIE

25

Abbildung 3.3: Schematische Darstellung der inter-Band¨ uberg¨ange beim ma¨ gnetooptischen Kerreffekt. Diese Uberg¨ange bestimmen die Absorption von rechts und links zirkular polarisiertem Laserlicht. raturen bis runter auf 1,7 K erzeugt werden. Die obere Grenze liegt bei 400 K. Die im Vergleich zu einem Vibrationsmagnetometer um bis zu 3 Gr¨oßenordnungen bessere Nachweisgrenze von ungef¨ahr 10−8 emu erlaubt es ohne weiteres, auch Schichten von nur wenigen Nanometern Dicke zu messen. Das externe Magnetfeld bei diesem SQUID-System ist auf 50 kOe begrenzt. Die Proben haben eine Abmaßung von 6 × 6 mm2 und konnten nur so eingebaut werden, dass die Kanten des Substrats parallel zum externen Magnetfeld liegen. Zwischenwinkel konnten in der Ebene, im Gegensatz zu den MOKE-Messungen bei Raumtemperatur (siehe Abschnitt 3.5.1), nicht eingestellt werden. Einzelheiten bez¨ uglich der Ausstattung des SQUID-Systems sind in [34] zu finden, die Funktionsweise ist in dem Lehrbuch von Buckel ausf¨ uhrlich beschrieben [35].

3.6

R¨ ontgenabsorptionsspektroskopie

Die Messungen der R¨ontgenabsorption (XAS) und des magnetischen R¨ontgenZirkulardichroismus (XMCD) wurden an den Synchrotronstrahlungsquellen am LURE in Paris und am BESSY in Berlin durchgef¨ uhrt. Am LURE wurde die Beamline SU23 mit asymmetrischem Wiggler, am BESSY die Beamline

26

KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN

Abbildung 3.4: Schematische Darstellung einer typischen Beamline im weichen R¨ontgenbereich. Der Aufbau ist repr¨asentativ f¨ ur die Beamlines SU23 am LURE und UE46-PGM am BESSY, weicht im Detail jedoch ab. UE46-PGM mit einem Undulator benutzt. Zu Einzelheiten bez¨ uglich der Erzeugung von Synchrotronstrahlung und zu den Typen von Ablenkmagneten wird an dieser Stelle auf das Buch von Wille verwiesen [36]. Einzelheiten u ¨ber die Beamline UE46-PGM sind bei Englisch nachzulesen [37]. Der Vorteil einer Synchrotronstrahlungsquelle im Vergleich zu einer normalen R¨ontgenanode, wie beim XPS beschrieben, ist, dass u ¨ber den gesamten Wellenl¨angenbereich Strahlung emittiert wird. Somit kann gezielt eine resonante Absorption an einer ausgew¨ahlten Kante eingestellt werden. Die Abstrahlung elektromagnetischer Strahlung von bewegten Ladungstr¨agern in einem Synchrotron ist zudem in der Ringebene linear polarisiert. Etwas oberhalb bzw. unterhalb der Ringebene ist die Strahlung zunehmend zirkular polarisiert. Der schematische Aufbau einer Beamline ist in Abbildung 3.4 dargestellt. Der zentrale Teil ist der Gitter-Monochromator welcher aus zwei planparallelen Reflexionsgittern besteht. Er hat eine maximale Energieaufl¨osung von etwa 0,05 eV in dem hier relevanten Energiebereich von 500 eV bis 900 eV. Der Gitterabstand ist typischerweise 600 mm−1 bzw. 1200 mm−1 . Vor und hinter dem Gittermonochromator sind, je nach Beamline, unterschiedliche Arten von Fokussierspiegeln angebracht. Mit Hilfe der Eintritts- und Austrittsblenden kann ein optimales Verh¨altnis zwischen spektraler Aufl¨osung und Intensit¨at eingestellt werden. Das Messsignal wird die bei jedem Messpunkt auf die einfallende Intensit¨at I0 normiert. An beiden Messstationen ist eine Ultrahochvakuumanlage installiert, in die die Proben zur Messung transferiert werden k¨onnen. An diese Anlagen sind

¨ 3.6. RONTGENABSORPTIONSSPEKTROSKOPIE

27

f¨ ur die Probenpr¨aparation außerdem eine Argon-Ionenquelle zur Probenreinigung, ein Heizer zur Auslagerung, mehrere Verdampferzellen zur Depositi¨ on der Ubergangsmetalle und Analysemethoden, wie die Beugung schneller (RHEED) und langsamer Elektronen (LEED) angeschlossen. Um Messungen bei tiefen Temperaturen durchf¨ uhren zu k¨onnen, wird die Probe in einen Kryostaten eingef¨ uhrt. Zur Messung des XMCD kann zus¨atzlich ein externes Magentfeld angelegt werden. Das maximale Magnetfeld an der SU23 betr¨agt etwa 9 kOe. Es reicht aus, um die Magnetisierung der Proben bei einem Winkel von 45◦ zwischen Magnetfeld und Schichtnormale vollst¨andig in Feldrichtung zu drehen. An der UE46-PGM k¨onnen konstante Magentfelder nur bis 70 Oe erzeugt werden. Mit gepulsten Magnetfeldern k¨onnen bis zu 3 kOe erreicht werden. Da die konstanten Felder nicht ausreichen die Proben zu s¨attigen, wurde hier in Remanenz gemessen.

3.6.1

XAS

Der zugrundeliegende elektronische Anregungsprozess bei der R¨ontgenab¨ sorption an den L-Kanten der Ubergangsmetalle ist in Abbildung 3.5 dargestellt. Durch das mit variabler Energie eingestrahlte R¨ontgenlicht k¨onnen ¨ Uberg¨ ange von den durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung aufgespaltenen 2pZust¨anden in freie 3d-Zust¨ande nahe der Fermikante induziert werden. Aufgrund der starken Absorption der R¨ontgenstrahlung im Energiebereich von 400 eV bis 900 eV (Abklingl¨ange kleiner als 1µm) ist es f¨ ur Schichten im Substratverbund nicht m¨oglich, in Transmission ein Absorptionsspektrum aufzunehmen. Der Absorptionskoeffizient µ ist definiert u ¨ ber die bekannte Gleichung I(E) = I0 e−µ(E)t .

(3.5)

Dabei ist I0 die Intensit¨at der einfallenden Strahlung und t die Schichtdicke der durchstrahlten Probe. Es k¨onnen jedoch auch Sekund¨arprozesse, wie fluoreszenter Zerfall oder Auger-Zerfall eines Loches im Rumpfniveau, zur Detektion des Absorptionsereignisses genutzt werden. Diese erfordern jedoch ihrerseits eine ausgefeilte Detektionstechnik. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die totale Elektronenausbeute (TEY) als Maß f¨ ur den Absorptionskoeffizienten µ genutzt. Es wird der Probenstrom gemessen, der durch alle Elektronen, die durch das Absorptionsereignis die Probenoberfl¨ache verlassen k¨onnen, generiert wird. Bei einer geerdeten Probe stellt sich die Ladungsneutralit¨at wieder her, indem ein Strom zur Probe fließt. Das k¨onnen nicht nur AugerElektronen, sondern auch sekund¨are Elektronen aus Zerfallskaskaden sein. Die Austrittstiefe dieser Elektronen ist von der Gr¨oßenordnung nur weniger

28

KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN

Abbildung 3.5: Schematische Darstellung der Anregung eines Elektrons aus dem durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung aufgespaltenen 2p Niveau in die unbesetzten 3d-Zust¨ande (L2,3 -Kante).

¨ 3.6. RONTGENABSORPTIONSSPEKTROSKOPIE

29

V-L

3

überoxidiert

V-L

TEY (arb. units)

2

gereinigt und ausgelagert

O-K

510

520

530

540

550

E (eV)

Abbildung 3.6: Exemplarisches Absorptionsspektrum einer 80 nm dicken V2 O3 -Schicht im Bereich der V-L2,3 und O-K-Kante, die durch den Kontakt mit Luft u ¨ beroxidiert ist (gestrichelt). Durch Ionenstrahlerosion und anschließende Auslagerung bei 600◦C kann eine reine V2 O3 -Oberfl¨ache wieder hergestellt werden (durchgezogen).

Nanometer. Damit ist die R¨ontgenabsorption im TEY-Modus eine sehr oberfl¨achenempfindliche Messmethode. Um auch niederenergetischen Elektronen aus der Probe zu helfen, wird in vielen F¨allen die Kammer im Vergleich zur Probe auf ein positives Potential gelegt. Die zu messenden Str¨ome sind in der Gr¨oßenordnung von einigen pA, weshalb sehr genaue Strommessger¨ate eingesetzt werden m¨ ussen. Um Effekte einer im Rahmen der Messung nicht konstanten Strahlintensit¨at zu kompensieren, wird das eigentliche Absorptionssignal bei jedem Messpunkt auf die einfallende Intensit¨at I0 normiert. Die im Rahmen dieser Arbeit hergestellten V2 O3 -Schichten mussten ex situ zur Beamline transportiert werden und sind aus diesem Grund an der Oberfl¨ache u ¨ beroxidiert. In Abbildung 3.6 ist das Absorptionsspektrum einer Vanadiumoxidschicht gezeigt, welche durch den Ausbau an der Oberfl¨ache u ¨beroxidiert ist. Aus dem Vergleich mit Messungen an Einkristallen

30

KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN

der unterschiedlichen Vanadiumoxide [38] l¨asst sich schließen, dass es sich bei dieser Oberfl¨achenschicht um VO2 handelt. Die Dicke dieser Schicht betr¨agt etwa 2 bis 4 nm und liegt damit im Bereich der Abfragetiefe des TEY. Durch Ionenstrahlerosion unter flachem Winkel zur Probenoberfl¨ache (10◦ bis 20◦ ) und anschließende Auslagerung f¨ ur 45 Minuten bei 600◦ C l¨asst sich eine saubere V2 O3 -Oberfl¨ache mit den typischen Strukturen im Absorptionsspektrum wiederherstellen. Einzelheiten dazu sind im Ergebnisteil zusammengefasst.

3.6.2

XMCD

Der magnetische R¨ontgenzirkulardichroismus in der Rumpfabsorption (kurz XMCD) ist ein m¨achtiges Instrument zur Bestimmung der magnetischen Eigenschaften von Festk¨orpern. Der elektronische Anregungsprozess, der dem XMCD-Effekt zugrunde liegt, ist in Abbildung 3.7 dargestellt. Durch die Wahl einer individuellen Absorptionskante ist es m¨oglich, elementselektiv die Spin- und Bahnmomente eines Festk¨orpers zu bestimmen [39]. Ein Elektron aus einem durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung aufgespaltenen Rumpfniveau (hier das 2p-Niveau) wird unter Einhaltung der Dipolauswahlregeln (∆m = ±1) in einen unbesetzten 3d-Zustand an der Fermienergie angeregt. F¨ ur die Anregung mit vollst¨andig zirkular polarisierter Strahlung ergibt sich, unter Vernachl¨assigung von Spin-Umklappprozessen, aus den ent¨ sprechenden Clebsch-Gordan Koeffizienten des Ubergangs eine bevorzugte Anregung einer Spinsorte. Bei dieser bevorzugt angeregten Spinsorte kann es sich in einem ferromagnetisch geordneten Material wiederum je nach Richtung der Magnetisierung entweder um die Majorit¨ats- oder um die Minorit¨atsladungstr¨ager handeln. Durch die unterschiedliche Zustandsdichte der Majorit¨ats- und Minorit¨atselektronen gibt es eine Differenz zwischen den Absorptionsspektren f¨ ur die beiden Helizit¨aten (siehe Abbildung 3.8). Dieses Differenzsignal wird im Folgenden als XMCD-Signal bezeichnet. Wie schon zuvor angedeutet gibt es zwei ¨aquivalente Methoden, den XMCDEffekt zu messen: Zum einen k¨onnen die Absorptionsspektren bei fester Magnetisierung und unterschiedlicher zirkularer Polarisation des R¨ontgenlichts aufgenommen werden. Zum anderen kann jedoch auch die Polarisation konstant gelassen und die Magnetisierungsrichtung umgeschaltet werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde immer der zweite Ansatz gew¨ahlt. Die Absorptionskoeffizienten bei fester Helizit¨at und entgegengesetzter Magnetisierung werden mit µ+ und µ− bezeichnet. Die Auswertung der XMCD¨ Signale geschieht an den L-Kanten der Ubergangsmetalle unter Benutzung der weitl¨aufig bekannten Summenregeln, welche von Thole [40] und Carra [41] f¨ ur das Bahnmoment bzw. das Spinmoment aufgestellt wurden. Diese Summenregeln verkn¨ upfen die jeweiligen Fl¨achen unter den XMCD-Signalen an

¨ 3.6. RONTGENABSORPTIONSSPEKTROSKOPIE

31

Abbildung 3.7: Schematische Darstellung der Anregung eines Elektrons aus dem Spin-Bahn aufgespaltenen 2p-Niveau in die unbesetzten 3d-Zust¨ande ¨ eines magnetisch geordneten 3d-Ubergangsmetalls. der L3 - und L2 -Kante mit den Erwartungswerten f¨ ur das Bahn- und Spinmoment. Sie wurden das erste Mal von Chen [42] auf d¨ unne Schichten von bcc-Fe und hcp-Co angewandt und experimentell verifiziert. Um die Summenregeln anwenden zu k¨onnen, sind einige wichtige Schritte notwendig. Zuerst m¨ ussen die Absorptionsspektren f¨ ur die beiden Feldrichtungen bei fester Polarisation (µ− und µ+ ) vor der Kante auf 1 normiert werden. Außerdem muss das Absorptionssignal korrigiert werden, falls der Polarisationsgrad der Strahlung nicht 100 % betr¨agt bzw. falls die Magnetisierung der Probe und die Strahlrichtung nicht parallel sind. Anschließend kann das Differenzsignal, der XMCD, gebildet werden. F¨ ur die Bestimmung der Spin- und Bahn-Momente m¨ ussen nun die Integrale des XMCD-Signals u ¨ber die L3 -Kante und u ¨ber die L2,3 -Kanten bestimmt werden. In Abbildung 3.9 sind auf der linken Seite die Integrale u ¨ber die L3 - und L2,3 -Kante mit p bzw. q bezeichnet. Um in den Summenregeln eine Normierung auf das einzelne Atom zu erhalten, m¨ ussen die XMCD-Signale noch durch die gesamte Absorption, also das Integral u ¨ber die isotrope Absorptionskante, geteilt werden. Als isotropes Absorptionsspektrum wird an dieser Stelle die Summe aus den Spektren bei unterschiedlichem Magnetfeld genommen (µ− + µ+ ). Unter diesem Signal liegt jedoch noch ein Beitrag von Anregungen der 2p-Elektronen in die

32

KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN

normierte Absorption (arb. units)

7 6 rechts zirkuler

5

links zirkular XMCD

4 3 2 1 0 -1 690

700

710

720

730

740

750

760

E (eV)

Abbildung 3.8: Absorptionskurven f¨ ur rechts und links zirkular polarisiertes Licht an der L-Kante einer 1,5 nm dicken Fe Schicht und das Differenzsignal (XMCD). unbesetzten 4s-Zust¨ande, der keinen Dichroismus zeigt. Dieser Untergrund kann durch eine doppelte Stufenfunktion mit der Stufenh¨ohe 2/3 zu 1/3 angepasst werden (siehe Abbildung 3.9 rechts). Die Sprungh¨ohe ergibt sich aus der Besetzungszahl der 2p3/2 - und 2p1/2 -Zust¨ande. Das Integral u ¨ber die so korrigierte isotrope Absorption geht als r in die Summenregeln ein. Die letzten beiden Parameter, die in die Auswertung eingehen, sind die Anzahl der Elektronen im 3d-Band n3d und der Erwartungswert hTz i des magnetischen Dipoloperators, welcher die Aspherizit¨at der Spin-Magnetisierung beschreibt. Letzterer ist f¨ ur den Fall von bcc-Fe und hcp-Co kleiner als 1 % und damit vernachl¨assigbar. F¨ ur die Zahl der Elektronen im 3d-Band wurden die Werte n3d = 6, 61 bei Fe und n3d = 7, 51 bei Co u ¨ bernommen [42]. Die Summenregeln haben die Form: mBahn

R

(µ+ − µ− )dE 4 = RL3 +L2 (10 − n3d ) 3 L3 +L2 (µ+ + µ− )dE

(3.6)

¨ 3.6. RONTGENABSORPTIONSSPEKTROSKOPIE

33

0,4

nromierte Absorption (arb. units)

24

20

0,0 q

16 -0,4 r

12 p

-0,8

8

-1,2

4

-1,6

700

720

740

700

E (eV)

720

740

E (eV)

Abbildung 3.9: F¨ ur die Auswertung des XMCD-Signals mit Hilfe der Summenregeln sind drei Integrale von besonderer Bedeutung. Auf der linken Seite sind die Integrale des XMCD u ¨ber die L3 -Kante (p) und u ¨ ber die L2,3 -Kanten (q) dargestellt. Auf der rechten Seite ist das Integral der isotropen Absorptionskante nach Abzug einer Stufenfunktion f¨ ur den Untergrund dargestellt (r). mSpin = −

6

R

L3 (µ+

R

− µ− )dE − 4 L3 +L2 (µ+ − µ− )dE R L3 +L2 (µ+ + µ− )dE

7hTz i × (10 − n3d ) 1 + 2hSz i

!−1

(3.7)

Mit den im Text beschriebenen und in Abbildung 3.9 illustrierten Substitutionen p, q und r lassen sich die Summenregeln unter Vernachl¨assigung des hTz i Terms in einer etwas einfacheren Form darstellen: 4q(10 − n3d ) 3r −(6p − 4q)(10 − n3d ) = r

mBahn = mSpin

(3.8) (3.9)

34

KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN

Kapitel 4 Ergebnisse und Diskussion 4.1

V2O3 -Einzelschichten

In diesem Abschnitt sollen die strukturellen und elektronischen Eigenschaften der unbedeckten V2 O3 -Schichten eingehend beschrieben werden. Zu den verwendeten Untersuchungsmethoden z¨ahlen integrale Methoden, wie R¨ontgenbeugung und Widerstandsmessungen als auch oberfl¨achensensitive Methoden, wie Rastertunnelmikroskopie und -spektroskopie, Photoelektronenspektroskopie und R¨ontgenabsorption. Ausgew¨ahlte Ergebnisse der strukturellen und elektronischen Eigenschaften sind im Journal of Physics C zusammengefasst [43].

4.1.1

¨ Metall-Isolator Ubergang in V2O3 -Schichten

Das wichtigste Charakteristikum f¨ ur die reinen V2 O3 -Schichten ist die La¨ ge und die Amplitude des Metall-Isolator Ubergangs. In Abbildung 4.1 ist exemplarisch der temperaturabh¨angige Widerstand von vier unterschiedlichen Proben gezeigt. Der gr¨oßte Widerstandssprung mit etwa 6 Gr¨oßenordnungen ist f¨ ur (11¯20)-orientiertes V2 O3 (Schichtdicke 80 nm) bei einer ¨ Ubergangstemperatur von etwa TM I = 160 K zu erkennen. Die Verbreite¨ rung des Ubergangs im Vergleich zum Einkristall, wo er nahezu singul¨ar ist, kommt durch den Verbund der Schicht mit dem Substrat zustande. Zwischen Abk¨ uhl- und Aufw¨armvorgang tritt eine Hysterese von 10 K auf, welche auf ¨ einen Ubergang erster Ordnung hinweist, wie er auch vom Massivmaterial her zu erwarten ist. Der spezifische Widerstand bei Raumtemperatur liegt mit 100 µΩcm in der Gr¨oßenordnung des Massivmaterials [44]. Eine Schicht auf (0001)-orientiertem Saphir, die bei gleichen Pr¨aparationsbedingungen hergestellt wurde, zeigt jedoch im gesamten Temperaturbereich ein halbleitendes Verhalten. Wird nun der Sauerstoffpartialdruck w¨ahrend der Pr¨aparation 35

36

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

erh¨oht, so kann auch auf (0001)-orientiertem Saphir V2 O3 gewachsen wer¨ den, das einen Metall-Isolator Ubergang zeigt. Der spezifische Widerstand bei Raumtemperatur hat zwar den selben Wert wie der der (11¯20)-orientierten Schichten, jedoch ist der Widerstandssprung wesentlich weniger ausgepr¨agt (kleiner als eine Gr¨oßenordnung) und auch breiter. Aufgrund des zunehmenden Einflusses von Schichtspannungen kommt es bei weiterer Verringerung der Schichtdicke zu einer Verschiebung von TM I zu tieferen Temperaturen und zu einer Verbreiterung der Hysterese. Exemplarisch ist hier die Widerstandskurve einer nur 8 nm dicken V2 O3 (11¯20)-Schicht dargestellt, die unter identischen Bedingungen hergestellt wurde, wie die abgebildete 80 nm dicke Schicht.

108 V O (0001)

106

107

2

3

V O (1120)

R [

]

2

3

104

105

102

103

40

0 50

8 nm

80 nm

1

10

50 100 150 200 250 300 T (K)

50 100 150 200 250 300

V O (0001) 2

3

30 20 10

50 100 150 200 250 300 T (K)

Abbildung 4.1: Temperaturabh¨angigkeit des elektrischen Widerstandes f¨ ur ¯ 80 nm bzw. 8 nm V2 O3 (1120) (links) und 80 nm dickes V2 O3 (0001) ohne ¨ (rechts oben) und mit Metall-Isolator Ubergang (rechts unten). Die blau eingef¨arbten Kurven geh¨oren zu Proben mit gleichen Herstellungsbedingungen. Rot: erh¨ohter Sauerstoffpartialdruck bei der Pr¨aparation.

4.1. V2 O3 -EINZELSCHICHTEN

4.1.2

37

Struktur der V2 O3-Schichten

Die strukturellen Eigenschaften der V2 O3 -Schichten wurden in erster Linie mit R¨ontgenbeugung in Θ − 2Θ-Geometrie charakterisiert. In Abbildung 4.2 sind die Diffraktogramme der vier Proben dargestellt, deren Widerstandsverlauf in Abbildung 4.1 gezeigt ist. Es ist zu erkennen, dass alle V2 O3 -Schichten die Orientierung des Substrates u ¨bernehmen und keine K¨orner mit anderer Orientierung der Kristallite auftauchen. Bei der (0001)-orientierten Probe f¨allt besonders ins Auge, dass die Reflexlage im Vergleich zum Volumenmaterial zu gr¨oßeren 2Θ-Werten und damit zu kleineren d-Ebenenabst¨anden verschoben ist. Diese Schichten stehen also senkrecht zur Oberfl¨ache unter starken Druckspannungen. Unter der Annahme von Volumenerhaltung sollten sich dann in der Schichtebene Zugspannungen aufbauen. Dieses Ergebnis ist insofern verwunderlich, als dass die Gitterkonstanten des Al2 O3 kleiner als die des V2 O3 sind und damit in der Schichtebene Druckspannungen aufgebaut werden sollten. Entsprechend dem Phasendiagramm von McWhan (Abbildung 2.3) ist aus dem isolierenden Verhalten dieser Probe auf Zugspannungen zu schließen. Durch Erh¨ohung des Sauerstoffgehalts in den (0001)-orientierten Schichten ist zwar eine Relaxation des Gitterparameters hin zum Volumenmaterial zu beobachten, der ¨ Metall-Isolator Ubergang ist jedoch nur schwach ausgepr¨agt (vgl. Abbildung 4.1). Die Spannungszust¨ande bei unterschiedlichen Sauerstoffgehalten sind in Tabelle 4.1 zusammengefasst. Bei Erh¨ohung des Sauerstoffgehaltes in den (11¯20)-orientierten Schichten bauen sich senkrecht zur Oberfl¨ache Zugspan¨ nungen auf und der Metall-Isolator Ubergang verschiebt sich zu tieferen Temperaturen. Die Auswertung der Halbwertsbreite mit Hilfe der Scherrer-Formel ergibt eine Ausdehnung der koh¨arent streuenden Bereiche u ¨ber die gesamte Schichtdicke. Bei Schichtdicken unterhalb von 20 nm kann an den V2 O3 -Reflexen eine ¨ Uberstruktur beobachtet werden. Diese ist exemplarisch f¨ ur eine 8 nm dicke ¯ Schicht auf Saphir(1120) gezeigt. Durch Anpassung einer Laue-Funktion, wie sie von der Beugung am Spalt her bekannt ist, kann die Form des Reflexes simuliert werden: Sauerstoff 8,3 sccm 10,3 sccm 12,3 sccm

∆d(11¯20) ±0% +0, 3% +0, 4%

d(11¯20) ∆d(0001) d(0001) −0, 8% 2, 477˚ A −0, 6% 2, 336˚ A −0, 4%

¨ Tabelle 4.1: Anderung der Gitterparameter der V2 O3 -Schichten bei Variation des Sauerstoffpartialdrucks w¨ahrend der Pr¨aparation.

38

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

Al O (1120)

2

2

3

103

3

V O (1120)

Intensität (cps)

105

101

80 nm 8 nm

100

3

3 2

102

2

104

Al O (0006)

26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50

V O (0006)

Intensität (cps)

106

26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 2

(°)

Abbildung 4.2: Im oberen Teil sind die Diffraktogramme von zwei (11¯20)orientierten V2 O3 -Schichten von 80 nm bzw. 8 nm Schichtdicke gezeigt. Im unteren Teil sind zwei 80 nm dicke (0001)-orientierte V2 O3 -Schichten dargestellt. Drei Schichten wurden unter identischen Pr¨aparationsbedingungen hergestellt (blau), eine wurde bei erh¨ohtem Sauerstofffluss pr¨apariert (rot). Schwarz ist eine Anpassung mit einer gaußverbreiterten Lauefunktion f¨ ur die 8 nm dicke Schicht dargestellt.

4.1. V2 O3 -EINZELSCHICHTEN

I(q) =

39

sin2

1 Nqd 2 I0 sin2 12 qd )

(4.1)

d ist der Ebenenabstand des entsprechenden Reflexes und q der Streuvektor in Richtung der Schichtnormalen. Um eine Aussage u ¨ber die Rauhigkeit der Schichten treffen zu k¨onnen, wird f¨ ur die Zahl der Monolagen N eine Gaußsche Normalverteilung angenommen. Typische Werte f¨ ur 16 nm dicke Schichten liegen bei 1 bis 1,5 nm. An den (11¯20)- und (0001)-orientierten Schichten wurden zus¨atzlich Texturaufnahmen am (10¯14)-Reflex durchgef¨ uhrt. Dieser Reflex hat f¨ ur beide Orientierungen eine Streukomponente in der Schichtebene und wurde ausgew¨ahlt, weil er den gr¨oßten Strukturfaktor besitzt. Der entprechende Einfallswinkel betr¨agt 2Θ = 33, 02◦ und ist fest vorgegeben. In Abbildung 4.3 sind die Texturaufnahmen an den beiden Orientierungen des Vanadiumoxids zusammengefasst. Die (10¯14)Reflexe zeigen bei den (11¯20)-orientierten Schichten eine zweiz¨ahlige, bei den (0001)-orientierten Schichten eine dreiz¨ahlige Symmetrie. Es liegt auch in der Ebene eine ausgepr¨agte Texturierung vor. Die V2 O3 -Schichten sind auch in der Schichtebene perfekt am Saphir ausgerichtet. Es handelt sich also trotz der großen Fehlpassung zwischen Schicht und Substrat um epitaktisch gewachsene Schichten. Im Gegensatz zu durch Pyrolyse hergestellten Schichten von Yamaguchi [45] sind keine 180◦ Dom¨anen zu erkennen. Diese w¨ urden sich bei den (11¯20)orientierten Schichten durch Reflexe bei (Ψ = 57◦ , ϕ = 22◦ ) und (Ψ = 57◦ , ϕ = 202◦ ) bzw. bei den (0001)-orientierten Schichten bei (Ψ = 39◦ , ϕ = 103◦ ), (Ψ = 39◦ , ϕ = 223◦ ) und (Ψ = 39◦, ϕ = 343◦ ) verraten. Bei den nahezu spannungsfreien Schichten auf (11¯20)-orientiertem Saphir ¨ kommt es zu einem Metall-Isolator Ubergang von bis zu 5 Gr¨oßenordnungen bei der f¨ ur das st¨ochiometrische V2 O3 zu erwartenden Temperatur. Wie im n¨achsten Abschnitt zu sehen sein wird, ist der Spannungsabbau in dieser Orientierung mit einer anisotropen Aufrauhung der Oberfl¨ache verbunden.

4.1.3

Oberfl¨ achentopographie der V2O3 -Schichten

Die Oberfl¨achentopographie der V2 O3 -Schichten wurde mit Hilfe eines STM bzw. AFM untersucht. In Abbildung 4.4 ist die Oberfl¨achentopographie f¨ ur eine 80 nm dicke V2 O3 -Schicht gezeigt. Wie schon im vorhergehenden Abschnitt angedeutet, kommt es bei den (11¯20)-orientierten Schichten als Folge der Spanungsrelaxation zu einer anisotropen Aufrauhung der Oberfl¨achentopographie. Die Anisotropie wird durch die unterschiedliche Fehlpassung zwischen Schicht und Substrat (+4,1 % in a-Richtung, +7,8 % in c-Richtung)

40

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

Abbildung 4.3: Polfiguren gemessen an 240 nm dicken V2 O3 -Schichten auf Saphir(11¯20) (links) und Saphir(0001) (rechts) bei festem Einfallswinkel 2Θ = 33, 02◦ entsprechend dem (10¯14)-Reflex von V2 O3 . Die Intensit¨at in der linken Abbildung ist logarithmisch, die in der rechten Abbildung ist linear dargestellt.

induziert. Es bilden sich Facetten mit einer Ausdehnung von etwa 200 nm × 20 nm, wobei die Vorzugsrichtung senkrecht zur c-Achse orientiert ist. Die Probe ist hier so eingebaut, dass die c-Achse ungef¨ahr entlang der Bilddiagonalen liegt. Die beobachtete Oberfl¨achenstruktur entsteht nicht erst beim ¨ ersten Durchgang durch die Ubergangstemperatur. In den Schichten kommt es vor allem nicht zu einem Abplatzen oder Aufreißen aufgrund der strukturellen Phasenumwandlung, was bei Einkristallen durchaus beobachtet wird. An einer Probe, die im Vakuum gereinigt und ausgelagert wurde, konnten sogar atomare Stufen aufgel¨ost werden (siehe Abbildung 4.5). Die Abmessungen der atomar glatten Bereiche ist etwa 10 × 100 nm2 . Ein vollst¨andig anderes Bild ergibt sich bei den (0001)-orientierten Proben. Da es im Gegensatz zu der vorherigen Orientierung nur eine isotrope Fehlpassung gibt, ist auch keine Vorzugsorientierung in der Topographie zu erkennen. Mit Ausnahme von wenigen erhabenen K¨ornern ist die Oberfl¨ache sehr glatt (rms Rauhigkeit ∼1,2 nm). Der Ursprung dieser einzelnen K¨orner ist ungekl¨art.

4.1. V2 O3 -EINZELSCHICHTEN

41

Abbildung 4.4: STM- bzw. AFM-Aufnahmen der Oberfl¨achentopographie einer 80 nm dicken (11¯20)-orientierten (oben) und einer (0001)-orientierten V2 O3 -Schicht (unten) bei Raumtemperatur.

42

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

Abbildung 4.5: STM-Aufname der Oberfl¨achentopographie einer 80 nm dicken (11¯20)-orientierten V2 O3 -Schicht bei 300 K. Es sind atomar glatte Bereiche mit eine Ausdehnung von 10 × 100 nm2 zu erkennen.

4.1. V2 O3 -EINZELSCHICHTEN

4.1.4

43

¨ Metall-Isolator Ubergang an der Oberfl¨ ache von V2O3 -Schichten

Tunnelspektroskopie In den vorhergehenden Abschnitten wurden die Schichten im wesentlichen auf ihre Volumeneigenschaften hin charakterisiert. Da jedoch in dieser Arbeit der Schwerpunkt auf Grenzfl¨acheneffekten beim Kontakt des Oxids mit einem Metall liegt, soll nun gezeigt werden, dass der beobachtete Metall¨ Isolator-Ubergang auch an der Oberfl¨ache der V2 O3 -Schichten stattfindet. Dazu wurden mit Hilfe eines STM I(U)-Kennlinien an der Oberfl¨ache ober¨ halb und unterhalb der Ubergangstemperatur TM I aufgenommen. Die entsprechende Oberfl¨achentopographie eines 80 nm dicken (11¯20)-orientierten V2 O3 -Films ist in Abbildung 4.6 oben dargestellt. Dieser Ausschnitt ist kleiner als der in Abbildung 4.4 gezeigte, es kann jedoch auch noch die zuvor beschriebene Vorzugsorientierung ausgemacht werden. Die I(U)-Kennlinien zeigen bei Raumtemperatur alle ein metallisches VerdI |U =0V > 0). Wird die halten, also eine endliche Steigung bei U = 0 V ( dU Probe nun unter TM I abgek¨ uhlt, so sind u ¨ber den gesamten Bildausschnitt dI ausschließlich isolierende Kennlinien zu beobachten (( dU |U =0V = 0)). Aus einer logarithmischen Auftragung kann die Gr¨oße der Energiel¨ ucke sehr einfach abgelesen werden. F¨ ur die hier gezeigte Probe ¨offnet sich eine Energiel¨ ucke von ∆E = 0, 45 eV. Dieser Wert ist vergleichbar mit Aktivierungsenergien bzw. Bandl¨ ucken, die am Einkristall aus dem Widerstandsverlauf [46] (∆E = 0, 2 eV) bzw. der optischen Absorption [20] (∆E = 0, 66 eV) bestimmt wurden. Bei tiefer Temperatur ist keine Korrelation zwischen der Breite der Energiel¨ ucke und der Oberfl¨achenstruktur zu erkennen. Der laterale Verlauf der Valenzband- und Leitungsbandkante f¨ ur die Messung in Abbildung 4.6 in der Tieftemperaturphase ist in Abbildung 4.7 dargestellt. Der laterale Mittelwert der Valenzbandkante liegt bei -223 mV, der Mittelwert der Leitungsbandkante bei 230 mV. Es gibt einzelne Bereiche in denen die jeweilige Bandkantenenergie nach oben bzw. unten abweicht. Diese Bereiche sind jedoch (mit einer Ausnahme am linken unteren Bildrand) nicht lateral korreliert. Als Grund f¨ ur diese Bereiche k¨onnen strukturelle Defekte genannt werden, welche durch die Oberfl¨achenpr¨aparation entstanden sind. Die Bandl¨ ucke ist auf diesem Bildausschnitt ann¨ahernd hom*ogen mit einer Gr¨oße von ∆E = 0, 45 eV. Ro ¨ntgenabsorption und Photoemission Als Standardprobencharakterisierung in situ hat die Photoemissionsspektroskopie (XPS) sehr gute Dienste geleistet. Exemplarisch ist in Abbildung 4.8

44

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

-8

10

-11

T=300K

dI/dU (A/V)

I (A)

4,0x10

0,0

-10

10

-11

-11

-4,0x10

-0,4

10 -0,2

0,0

0,2

0,4

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

-8

-11

10

4,0x10

dI/dU (A/V)

T=77K

I (A)

-9

10

0,0

-9

10

-10

10

-11

-11

-4,0x10

10 -0,4

-0,2

0,0 U (V)

0,2

0,4

-1,0

U (V)

Abbildung 4.6: STM Aufnahme einer 80 nm dicken (11¯20)-orientierten V2 O3 Schicht bei T = 77 K (oben). Im unteren Teil sind die u ¨ ber den Bildausschnitt gemittelten I(U)-Kennlinien bzw. differentiellen Leitf¨ahigkeiten bei Raumtemparatur und 77 K gezeigt.

4.1. V2 O3 -EINZELSCHICHTEN

45

Abbildung 4.7: Lateraler Verlauf der Valenzbandkante (oben) und der Leitungsbandkante (unten) einer 80 nm dicken (11¯20)-orientierten V2 O3 -Schicht bei T = 77 K.

46

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

E = 14,54 eV

Intensität (cps)

3

(1120) O 1s

(0001)

2

V 2p

3/2

V 2p

1/2

1

0 540

535

530

525

520

515

510

505

E (eV)

Abbildung 4.8: XPS-Spektrum einer 16 nm dicken (11¯20)-orientierten (blau) und einer 80 nm dicken (0001)-orientierten (rot) V2 O3 -Schicht im Bereich der V-2p- und O-1s-Kante bei Raumtemperatur. ein XPS-Spektrum im Bereich der V-2p- und O-1s-Kanten gezeigt. Der Sauerstoffgehalt der Proben kann anhand des energetischen Abstandes der V-L3 und der O-K-Kanten sehr genau kontrolliert werden. F¨ ur die (11¯20)- und ¨ (0001)-orientierten Proben ist ein Metall-Isolator Ubergang zu beobachten, falls dieser Energieabstand ∆E = 14, 54(5)eV

(4.2)

¨ betr¨agt. Die spektrale Form und der Wert f¨ ur ∆E stehen in Ubereinstimmung mit XPS Messungen an Einkristallen von Sawatzky [47] und Zimmermann [38]. Aufgrund der unterschiedlichen mechanischen Spannungen in diesen beiden Orientierungen ist dieser Wert f¨ ur ∆E bei den (0001)-orientierten Proben erst bei einem gr¨oßeren Sauerstofffluss w¨ahrend der Pr¨aparation zu beobachten. R¨ontgenabsorptionsspektren im Bereich der V-L2,3 -Kante und der O-KKante in den metallischen und isolierenden Phasen PM und AFI sind in Abbildung 4.9 dargestellt. Diese Messungen wurden bei fester zirkularer Pola-

4.1. V2 O3 -EINZELSCHICHTEN

47

2.1

5

V-L

50 K

3

200 K V-L

TEY (arbitrary units)

4

1.8

1.5

2

519

520

521

522

523

524

4.2

3

3.9

3.6

2 2.0

1

523

524

525

526

1.6

O-K

1.2

0 510

515

520

525

530

E (eV)

535

540

545

550 530

532

534

536

538

E (eV)

Abbildung 4.9: Temperaturabh¨angige R¨ontgenabsorption bei fester zirkularer Polarisation im Energiebereich der V-L2,3 - und O-K-Kante an einer 80 ¨ nm dicken (11¯20)-orientierten V2 O3 -Schicht. Die entscheidenden Anderun¨ gen beim Ubergang in die Tieftemperaturphase sind auf der rechten Seite vergr¨oßert dargestellt.

risation aufgenommen. Die Maxima im Bereich von 515 eV und 522 eV stammen von der Anregung von Elektronen aus den besetzten, durch die SpinBahn-Wechselwirkung aufgespaltenen V-2p-Zust¨anden in die entsprechend den Dipolauswahlregeln erlaubten freien V-3d-Zust¨ande. Die Feinstruktur liegt in der Kristallfeldaufspaltung der V-3d Zust¨ande im rhomboedrischen Kristallfeld in eπg -, a1g - und eσg , wie es in Abbildung 2.4 dargestellt ist, be¨ gr¨ undet. Die Maxima bei 530 eV und 533 eV stammen von Uberg¨ angen der besetzten O-1s-Zust¨ande in die O-2p-Zust¨ande. Da das O-2p-Band eigentlich ¨ voll besetzt sein sollte, werden diese Uberg¨ ange erst durch eine Hybridisierung der V-3d- mit den O-2p-Zust¨anden m¨oglich gemacht [48]. ¨ Beim Ubergang in die Tieftemperaturphase ¨andert sich die allgemeine Form und Lage der Strukturen im Absorptionsspektrum nur sehr wenig. Die wich¨ tigsten Anderungen sind in Abbildung 4.9 auf der rechten Seite vergr¨oßert dargestellt. Die Schultern vor der V-L3 - und V-L2 -Kante sind unterhalb von TM I st¨arker ausgepr¨agt. Zudem ¨andert sich das Verh¨altnis im spektralen ¨ Gewicht der beiden Maxima direkt in der V-L2 -Kante. Diese Anderungen

48

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

lassen auf eine unterschiedliche Beimischnung von spektralem Gewicht des a1g -Zustands zu den eπg -Zust¨anden schließen. Park konnte zeigen, dass in der PM-Phase das Verh¨altnis von eπg eπg zu eπg a1g 1:1 und in der AFI-Phase 2:1 ist [22]. An der O-K-Kante kommt es bei dem Maximum bei kleineren Energien zu einer Verschiebung von etwa ∆E = 0, 3 eV, w¨ahrend das zweite Maximum seine Lage nicht ver¨andert. ¨ Die hier beschriebenen Strukturen und Anderungen an den V-L2,3 - und der ¨ O-K-Kante sind in sehr guter Ubereinstimmung mit Messungen an Einkristallen, wie sie von Abe durchgef¨ uhrt wurden [48]. An der Beamline UE46-PGM des BESSY konnten auch Messungen des linearen Dichroismus durchgef¨ uhrt werden. Die Ausrichtung des elektrischen Feldvektors E ist horizontal senkrecht zum Strahl. In Abbildung 4.10 sind die R¨ontgenabsorptionsspektren einer solchen linear polarisierten Messung an einer (11¯20)-orientierten und einer (0001)-orientierten V2 O3 -Schicht bei Raumtemperatur dargestellt. Die Proben wurden so gedreht, dass E m¨oglichst parallel bzw. senkrecht zur c-Achse des Vanadiumoxids liegt. Bei den (11¯20)orientierten Proben geschieht das durch eine einfache Drehung in der Schichtebene. Die (0001)-orientierten Proben k¨onnen jedoch nicht bei vollst¨andig paralleler Ausrichtung von E und c gemessen werden, da das einen streifenden Einfall der R¨ontgenstrahlung zur Oberfl¨ache der Schichten bedeuten w¨ urde. Deshalb wurde ein Winkel von 30◦ eingestellt. F¨ ur die (11¯20)-orientierte Probe ist zus¨atzlich das Differenzsignal gebildet, da hier exakt parallel und senkrecht zur c-Achse gemessen werden konnte. Das Differenzsignal beim linearen Dichroismus an V2 O3 kommt dadurch zu stande, dass die freien Elektronenzust¨ande an der Fermienergie a1g - bzw. eπg -Symmetrie besitzen. Sie sind entlang der hexagonalen c-Achse (a1g ) und senkrecht dazu in der hexagonalen Ebene orientiert (eπg ). Je nach Orientierung der linear polarisierten elektromagnetischen Strahlung kommt es somit ¨ zu einer Anderung der Absorption. Der lineare Dichroismus an der Vanadium L2,3 -Kante und der Sauerstoff K-Kante bei Raumtemperatur ist f¨ ur beide ¨ Orientierungen in sehr guter Ubereinstimmung mit zuvor ver¨offentlichten polarisationsabh¨angigen Messungen an Einkristallen in der PM-Phase [22, 49].

4.2

V2O3/(Fe,Co,Ni)-Doppellagen

In diesem Abschnitt wird nun gesondert auf die elektronischen und magnetischen Eigenschaften der Doppellagen aus V2 O3 und den ferromagnetisch ¨ geordneten Ubergangsmetallen eingegangen. Die detaillierte Diskussion der Dicken- und Rauhigkeitsabh¨angigkeiten der magnetischen Eigenschaften von V2 O3 (11¯20)/(Fe,Co,Ni)-Doppellagen (Koerzitivfeld Hc und Exchange Bias

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

49

25 =

0° (1120)

= 90° (1120)

20

= 30° (0001)

TEY (arb. units)

= 90° (0001)

15

Differenz (1120)

10 5 0 505

510

515

520

525

530

535

540

E (eV)

Abbildung 4.10: Linearer R¨ontgendichroismus an einer (11¯20)-orientierten (blau) und an einer (0001)-orientierten V2 O3 -Schicht (rot) bei Raumtemperatur. Die Absorptionskurven an V2 O3 (11¯20) sind f¨ ur eine u ¨bersichtlichere ¯ Darstellung nach oben verschoben. F¨ ur die (1120)-orientierte Probe ist auch das Differenzsignal gebildet worden. Unten ist die Winkelbeziehung zwischen dem elektrischen Feldvektor E und der c-Achse f¨ ur die beiden Orientierungen schematisch dargestellt.

50

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

HEB ) ist in der Diplomarbeit von Christian Tusche nachzulesen [32]. Im Fol¨ genden sind die Ubergangsmetalle immer auf Oxidschichten mit vergleichba¨ rer Rauhigkeit deponiert. Ein Ubersichtsartikel zu den manetischen Eigenschaften von Fe auf Vanadiumoxid ist in Physical Review B erschienen [50].

4.2.1

Kristallstruktur der Doppellagen

¯ Die Kristallstruktur der Doppellagen von (Fe, Co, Ni) auf (1120)bzw. (0001)-orientierten V2 O3 -Schichten wurde, wie schon zuvor bei den Einzellagen, durch R¨ontgenbeugung untersucht. In Abbildung 4.11 sind die an ausgew¨ahlten Schichten von Fe, Co und Ni auf V2 O3 (11¯20) aufgenommenen R¨ontgen-Diffraktogramme zusammengefasst. Es zeigt sich, dass die Phasen und Orientierungen der ferromagnetischen Schichten auf beiden Orientierungen von V2 O3 gleich sind. Fe w¨achst in der bcc-Phase mit einer (110)-Textur, Co in der hcp-Phase mit einer (0001)Textur und Ni in der fcc-Phase mit einer (111)-Textur. Alle diese Texturen zeigen in der Schichtebene eine hexagonale Symmetrie. Diese hexagonale Symmetrie ist auch bei den jeweiligen V2 O3 -Oberfl¨achen wiederzuerkennen. Eine m¨ogliche Orientierung der ferromagnetischen Schichten in der Schichtebene ist in den Abbildungen 4.12 und 4.13 dargestellt. Die Reflexlagen von Fe(110), Co(0001) und Ni(111) sind im Vergleich zum Volumenmaterial zu kleineren Werten hin verschoben. Es kommt also senkrecht zur Schichtebene zu einer Dilatation des Ebenenabstandes in der Gr¨oßenordnung von wenigen 0/00. Diese Dilatation senkrecht zur Schichtebene l¨ asst sich jedoch nicht ohne weiteres verstehen, da aufgrund der Fehlpassung zum V2 O3 eher eine Dilatation in der Schichtebene zu erwarten w¨are. Weitwinkeldiffraktogramme an den Doppellagen mit (0001)-orientiertem V2 O3 sind hier nicht gezeigt, da bei den gew¨ahlten Schichtdicken der Ferromagneten (1,25 nm und 2,5 nm) die Reflexe nur sehr schwer auszumachen sind. Es kann zus¨atzlich eine Aussage u ¨ber die Orientierung der Schichten anhand der magnetischen Anisotropie in Schichtebene bei Raumtemperatur gemacht werden (siehe Abschnitt 4.2.2).

4.2.2

Magnetische Anisotropie oberhalb TM I

Exemplarisch f¨ ur eine Schichtdicke von 10 nm sind in Abbildung 4.14 die jeweiligen Hysteresekurven von Fe, Co und Ni auf 16 nm V2 O3 (11¯20) bei Raumtemperatur in der magnetisch schweren und leichten Richtung gezeigt. Die spontanen Magnetisierungen der mit dem SQUID-Magnetometer gemessenen Fe, Co und Ni-Schichten auf den beiden Orientierungen des Vanadiu¨ moxids sind in guter Ubereinstimmung mit den Werten der Volumenmaterialien. Sie zeigen zudem keine signifikante Variation im Temperaturbereich

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

51

Substrat

103 Ni(111)

101

Intensität (cps)

V O

3

10

2

3

(1120)

Co(0001)

1

10

103

Fe(110)

101 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 2

(°)

Abbildung 4.11: R¨ontgendiffraktogramme von Fe, Co und Ni mit einer ¨ Schichtdicke von 5 nm (Co) bzw. 10 nm (Fe, Ni) auf V2 O3 (11¯20). Die Uber¨ strukturen an den Ubergangsmetall- und Oxidreflexen wurden mit einer Lauefunktion angepasst (rot).

52

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

¯ Abbildung 4.12: Sauerstoffterminierte (1120)-Oberfl¨ ache von V2 O3 mit einer m¨oglichen Orientierung von Fe(110)-, Co(0001)- und Ni(111)-Fl¨achen.

Abbildung 4.13: Sauerstoffterminierte (0001)-Oberfl¨ache von V2 O3 mit einer m¨oglichen Orientierung von Fe(110)-, Co(0001)- und Ni(111)-Fl¨achen.

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

53

von 4,2 K bis Raumtemperatur. Die Formanisotropie h¨alt die Magnetisierung immer in der Schichtebene. Wie schon zuvor angesprochen zeigen die (11¯20)orientierten V2 O3 -Schichten an der Oberfl¨ache eine ausgepr¨agte Struktur. ¨ Bei den auf einer solchen Unterlage gewachsenen Ubergangsmetallschichten kommt es zur Ausbildung einer magnetischen Anisotropie mit der magnetisch leichten Richtung entlang der Rillen (senkrecht zur hexagonalen c-Achse des V2 O3 ) und der schweren Richtung senkrecht (parallel zur c-Achse) dazu. Diese Anisotropie in der Schichtebene ist in eindrucksvoller Weise an der Form der Hysteresekurven in Abbildung 4.14 zu erkennen. Wenn das Magnetfeld parallel zur hexagonalen c-Achse angelegt wird (schwere Richtung) ist ein lineares Anwachsen der Magnetisierung zu beobachten. Dieses deutet auf eine Rotation der Magnetisierung von der magnetisch leichten Richtung zum ¨außeren Magnetfeld hin. Im Falle des Fe schaltet die Magnetisierung bei einem Feld HS vollst¨andig in die Feldrichtung. Das Schaltfeld zeigt ein hysteretisches Verhalten. Die Hysteresekurven von Co und Ni zeigen hingegen eine negative Kr¨ ummung. Die Ann¨aherung der Magnetisierung an die Feldrichtung geschieht allm¨ahlich und ist von koh¨arenter Spin-Rotation dominiert. Die schwere Richtung der Fe, Co und Ni-Schichten auf V2 O3 (11¯20) kann mit einem Stoner-Wohlfahrt-artigen Rotationsmodell f¨ ur die Magnetisierung angepasst werden. Durch Minimierung der freien Energiedichte in der Form E = −MS H cos(ϕ) + K1 sin2 (α1 − ϕ) + K2 sin4 (α2 − φ)

(4.3)

nach ϕ f¨ ur die entsprechenden Feldwerte k¨onnen so Hystereseschleifen generiert werden. In Abbildung 4.15 sind die Richtungen der einzelnen Anisotropien zueinander dargestellt. Der erste Term in der Energiedichte entspricht der Zeeman-Energie des S¨attigungsmomentes MS des Ferromagneten im ¨außeren Feld H. Durch Anpassung der Anisotropie erster und zweiter ¨ Ordnung K1,2 und deren Winkel zur Feldachse α1,2 wird eine beste Ubereinstimmung zu den experimentellen Daten ermittelt. Eine Anpassung f¨ ur die jeweiligen magnetisch leichten Richtungen ist hier nicht vorgenommen, da in diesem Fall das Ummagnetisierungsverhalten von Dom¨anennukleation dominiert wird, welche jedoch in dem hier verwendeten koh¨arenten Rotationsmodell nicht enthalten ist. In Tabelle 4.2 sind die entsprechenden Werte f¨ ur die Anisotropiekonstanten erster und zweiter Ordnung aufgelistet. Besonders ins Auge f¨allt, dass der zuvor beschriebene qualitative Unterschied zwischen Fe und den anderen beiden Ferromagneten sich in einer negativen Kopplungskonstanten zweiter Ordnung K2 niederschl¨agt. Der Ursprung der Anisotropie in Schichtebene bei Raumtemperatur besteht, wie in Abschnitt 2.1.4 bereits erw¨ahnt wurde, neben der Kristallanisotropie des Volumenmaterials aus zwei Beitr¨agen von der Grenzfl¨ache. Zum einen

54

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

1

Ni

-1 -2000

-1000

1000

2000

M/M

S

1

Co

-1 -600

-400

-200

200

400

600

1

0 Fe

-1 -400

-200

200

400

H (Oe)

Abbildung 4.14: Hysteresekurven von 10 nm Fe, Co und Ni senkrecht (blau) und parallel (rot) zur hexagonalen c-Achse auf 16 nm V2 O3 (11¯20). Die Simulationen f¨ ur die jeweiligen magnetisch schweren Richtungen sind schwarz dargestellt.

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

55

Abbildung 4.15: Winkelbeziehung zwischen dem ¨außeren Magnetfeld H, der Magnetisierung des Ferromagneten F , den Anisotropien erster und zweiter Ordnung K1,2 des Ferromagneten, als auch der leichten Richtung des Antiferromagneten AF .

K1 in K2 in

erg cm3 erg cm3

Fe 7, 0 · 105 −3, 2 · 105

Co 2, 5 · 105 7, 5 · 104

Ni 1, 5 · 105 1, 0 · 105

Tabelle 4.2: Anisotropiekonstanten erster und zweiter Ordnung aus den Anpassungen des Modells aus Gleichung 4.3 f¨ ur die Hysteresen in schwerer Richtung von 10 nm Fe, Co und Ni auf 16 nm V2 O3 (11¯20). Der Winkel der magnetisch leichten Richtung zur Feldrichtung ist in allen drei F¨allen α1,2 = 90◦ .

56

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

ist das die durch die strukturierte Oberfl¨ache des Oxids induzierte dipolare magnetische Kopplung. Zum anderen kommen noch magnetokristalline Beitr¨age von Stufenkanten (vgl. Abbildung 4.5) hinzu, da an diesen Kanten die lokale Symmetrie der Oberfl¨ache gebrochen ist. Beide Effekte spielen an der Grenzfl¨ache zu den facettierten (11¯20)-Oberfl¨achen des V2 O3 eine Rolle. Da beide Beitr¨age zu einer parallelen Ausrichtung entlang der Strukturen f¨ uhren k¨onnen, kann an dieser Stelle jedoch nicht zwischen diesen beiden Beitr¨agen unterschieden werden. Im weiteren Verlauf soll dieser Anisotropiebeitrag vereinfachend als Formanisotropie durch die Rillen bezeichnet werden. Die Beitr¨age der Volumen-Kristallanisotropie spielen bei den hier beobachteten Orientierungen nur eine untergeordnete Rolle. Die leichte Richtung der Kristallanisotropie f¨ ur Ni(111)- und Co(0001)-Schichten sollte senkrecht zur Schichtebene liegen, die Magnetisierung bleibt wegen der Formanisotropie der d¨ unnen Schicht in der Ebene. In der Schichtebene besitzen die Schichten in der genannten Orientierung eine hexagonale Symmetrie und haben keine ausgepr¨agte Anisotropie. Anders sieht die ganze Betrachtung f¨ ur das Eisen aus. Hier liegt, wie in Abbildung 4.13 skizziert, die magnetisch leichte Richtung [001] in der Schichtebene und kann somit in Konkurrenz mit der Formanisotropie durch die Rillen treten. So ist das qualitativ andere Ummagnetisierungsverhalten von Fe im Vergleich zu Co und Ni auf den beiden Orientierungen des V2 O3 zu verstehen. Die Richtung der magnetisch leichten Kristallrichtung [001] muss mehr oder weniger parallel zur Formanisotropie durch die Rillen liegen, da sonst die magnetisch leichte Richtung keine 100 % Remanenz zeigen sollte. Ganz anders sieht das Ummagnetisierungsverhalten auf V2 O3 (0001) aus. Wie schon zuvor in den AFM-Aufnahmen illustriert, zeigen diese Schichten eine isotrope Oberfl¨ache mit geringer Rauhigkeit. Durch das Fehlen der Formanisotropie in der Schichtebene wird die Anisotropie von Fe, Co und Ni durch die Volumen-Kristallanisotropie bestimmt. In Abbildung 4.16 sind f¨ ur jeweils 2,5 nm dicke Fe(110)-, Co(0001)- und Ni(111)-Schichten auf 16 nm V2 O3 (0001) die Koerzitivfelder in der Schichtebene in einem Polardiagramm zusammengefasst. Es ist zu erkennen, dass Co(0001) und Ni(111), wie zu erwarten, keine ausgepr¨agte Anisotropie in der Ebene zeigen. Bei Fe(110) jedoch liegt die leichte Richtung [001] in der Schichtebene und es kann eine leichte Anisotropie des Koerzitivfeldes beobachtet werden.

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

57

90 60

120

50

Fe Ni

40 30

Co

30

150

10 0 180

H

c

(Oe)

20

10 20 30

330

210

40 50

240

270

300

Abbildung 4.16: Anisotropie des Koerzitivfeldes in der Schichtebene von jeweils 2,5 nm Fe, Co und Ni auf (0001)-orientiertem V2 O3 .

58

4.2.3

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

Exchange Bias in V2 O3/(Fe,Co,Ni)-Doppellagen

Werden die oben beschriebenen Doppellagen nun in einem a¨ußeren Magnet¨ feld unter die Metall-Isolator Ubergangstemperatur abgek¨ uhlt, so kommt es zu einer magnetischen Kopplung der ferromagnetischen Schicht an den Antiferromagneten V2 O3 . Dazu wurden temperaturabh¨angige Hysteresekurven aufgenommen. Falls es nicht extra erw¨ahnt wird, ist das K¨ uhlfeld immer Hf c = −50 kOe. Exemplarisch sind hier die Hysteresekurven in den jewei¨ ligen leichten Richtungen f¨ ur die drei Ubergangsmetalle auf V2 O3 (11¯20) in Abbildung 4.17 und V2 O3 (0001) in Abbildung 4.18 gezeigt. Bei den auf der anisotropen (11¯20)-Oberfl¨ache von V2 O3 deponierten Co und Ni Schichten ist sowohl entlang der c-Achse (schwere Richtung), als auch senkrecht dazu (leichte Richtung) ein Exchange Bias zu beobachten. Der absolute Wert des Exchange Bias ist in der leichten Richtung etwa doppelt so groß wie in der schweren Richtung (vergleiche Tabelle 4.3). Abgesehen von der absoluten Gr¨oße des Exchange Bias ist die Temperaturabh¨angigkeit f¨ ur die beiden Orientierungen in der Schichtebene die gleiche. Auf der (0001)-Oberfl¨ache des Vanadiumoxids zeigen Fe, Co und Ni einen Exchange Bias, der in der Schichtebene keine erkennbare Winkelabh¨angigkeit hat. Bei allen im Rahmen dieser Arbeit gemessenen Proben ist das Vorzeichen des Exchange Bias positiv, also entgegengesetzt zum K¨ uhlfeld gerichtet. Die einzige systematische Ausnahme bildet Fe auf V2 O3 (11¯20). An diesem System ist bei keiner der gemessenen Schichtdicken ein Exchange Bias zu beobachten gewesen! In Abbildung 4.19 ist f¨ ur dieses System die magnetisch leichte Richtung das Koerzitivfeld bei 300 K und 10 K dargestellt. In der schweren Richtung ist darauf verzichtet worden, da bei der speziellen Form der Hysteresen (siehe Abbildung 4.14) kein vern¨ unftiges Koerzitivfeld ange¨ geben werden kann. Uber die mikroskopische Ursache des Ausbleibens des Exchange Bias Effektes wird ausf¨ uhrlich in Kapitel 4.2.5 eingegangen. In den Abbildungen 4.19 und 4.20 ist das temperaturabh¨angige Verhalten des Koerzitivfeldes und des Exchange Bias der Fe-, Co- und Ni-Schichten auf den beiden Orientierungen des Vanadiumoxids zusammengefasst. Das Einsetzen des Exchange Bias passt, im Rahmen der Ungenauigkeiten bei ¨ der Bestimmung von TM I , sehr gut zu der jeweiligen Metall-Isolator Ubergangstemperatur der V2 O3 -Schichten aus den Widerstandsmessungen. Die Doppellagen mit (11¯20)-orientiertem V2 O3 zeigen eine h¨ohere Ordnungstemperatur (TAF = 145 K) als die auf (0001)-orientiertem V2 O3 (TAF = 100 K). Dieser Unterschied kann durch die mechanischen Spannungen in den d¨ unnen V2 O3 -Filmen erkl¨art werden, wie es in Abschnitt 4.1.1 und 4.1.2 getan wurde. Es handelt sich nicht um einen Einfluss der Schichtdicke des Antiferromagneten, da kein Unterschied in der Ordnungstemperatur zu beobachten ist, wenn

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

59

-5

6,0x10

5 nm Ni

0,0

-5

-6,0x10

-1000

-500

500

1000

-4

M (emu)

2,0x10

5 nm Co

0,0

-4

-2,0x10

-1000

-500

500

1000

-4

3,0x10

5 nm Fe

0,0

-4

-3,0x10

-500

-250

0 H (Oe)

250 H

fc

500 = -50 kOe

Abbildung 4.17: Hystereseschleifen von 5 nm Fe, Co und Ni auf 16 nm dicken (11¯20)-orientierten V2 O3 -Schichten gemessen in der magnetisch leichten Richtung (senkrecht zur c-Achse des Oxids). Die durchgezogenen Graphen sind bei 10 K, die gestrichelten bei Raumtemperatur aufgenommen. Die Richtung des Exchange Bias ist entgegengesetzt zum K¨ uhlfeld Hf c .

60

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

-5

3,0x10

2,5 nm Ni

0,0

-5

-3,0x10

-1000

-500

500

1000

-4

M (emu)

1,0x10

2,5 nm Co

0,0

-4

-1,0x10

-1000

-500

500

1000

-4

1,0x10

2,5 nm Fe

0,0

-4

-1,0x10

-200

-100

0 H (Oe)

100

200 H

fc

= -50 kOe

Abbildung 4.18: Hystereseschleifen von 2,5 nm Fe, Co und Ni auf 16 nm dicken (0001)-orientierten V2 O3 -Schichten. Die durchgezogenen Graphen sind bei 10 K, die gestrichelten bei Raumtemperatur aufgenommen. Die Richtung des Exchange Bias ist entgegengesetzt zum K¨ uhlfeld Hf c .

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

61

80

400

V O (1120) mit 5 nm 2

3

leichte Richtung

60

300

Ni Co

(Oe)

40

EB

200

H

c

H (Oe)

Fe

20

100

0 0

100

200

300

100

T (K)

200

300

T (K)

60

400

V O (1120) mit 5 nm 2

3

schwere Richtung Co

40 (Oe)

Ni

EB

200

H

c

H (Oe)

300

20

100 0 0

100

200 T (K)

300

100

200

300

T (K)

Abbildung 4.19: Temperaturabh¨angiger Verlauf des Koerzitivfeldes (links) und des Exchange Bias (rechts) an jeweils 5 nm Fe, Co und Ni auf V2 O3 (11¯20) in der magnetisch leichten (oben) und schweren Richtung (unten).

62

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

100

300

V O (0001) mit 2,5 nm 2

3

Ni

80

Co Fe

H

c

EB

H (Oe)

(Oe)

200

100

60 40 20

100

200 T (K)

300

100

200

300

T (K)

Abbildung 4.20: Temperaturabh¨angiger Verlauf des Koerzitivfeldes (links) und des Exchange Bias (rechts) an jeweils 2,5 nm Fe, Co und Ni auf V2 O3 (0001). Der Verlauf des Koerzitivfeldes wurde mit einem Dom¨anenPinning-Modell nach Gaunt [51] angepasst. Die Werte f¨ ur den Parameter T0 aus dem Gaunt Modell sind 650 K (Fe), 607 K (Co) und 478 K (Ni).

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

63

die FM-Schichten auf 16 nm oder auf 80 nm V2 O3 deponiert wurden. Ein Einfluss der Schichtdicke des Antiferromagneten auf den Exchange Bias sollte demnach erst bei geringeren Dicken auftreten. Bei den Messungen in der schweren Richtung auf dem (11¯20)-orientierten Vanadiumoxid ist die Auswertung der Koerzitivfelder und Verschiebungsfelder schwierig, da die Remanenz dieser Schichten fast verschwindet. Aus diesem Grund ist die Magnetisierung in der N¨ahe der Koerzitivfelder nur sehr klein. Die statistischen Fehler bei der Bestimmung von Hc und HEB betragen bei diesen Schichten bis zu 30 %. Die durch die Formanisotropie der Rillen induzierte uniaxiale Anisotropie in Schichtebene auf V2 O3 (11¯20) bleibt im Falle des Fe und Ni auch unterhalb ¨ der Ubergangstemperatur erhalten. Hingegen dreht sich die Richtung der magnetisch leichten Achse der Co-Schichten in Schichtebene um etwa 90◦ . Eine genauere Analyse mit Hilfe des bereits bei Raumtemperatur angewendeten Rotationsmodells wird im n¨achsten Abschnitt unternommen. Die einheitliche Temperaturabh¨angigkeit der in Abbildung 4.20 gezeigten Koerzitivfeldst¨arken der Fe-, Co- und Ni-Schichten auf V2 O3 (0001) ist besonders auff¨allig. Sie nehmen u ¨ berproportional mit sinkender Temperatur zu. Da die Curie-Temperatur der drei untersuchten Ferromagneten auch bei den geringsten Schichtdicken weit oberhalb von Raumtemperatur liegt, kann es sich hierbei nicht um einen Einfluss der Temperaturabh¨angigkeit der magnetokristallinen Volumenanisotropie handeln. Gaunt hat ein Modell f¨ ur die Temperaturabh¨angigkeit der Koerzitivfeldst¨arke aufgestellt, welches statistisch verteilte, starke Haftzentren f¨ ur die Dom¨anenw¨ande annimmt [51]. Er erwartet eine Temperaturabh¨angigkeit entsprechend: Hc HcT =0K

!1

2

T = 1 − T0

23

 

(4.4)

Die Konstante T0 ist bestimmt durch die Dom¨anenwandbreite und die Kraft der Haftzentren. Der qualitative Verlauf des Koerzitivfeldes der Ferromagneten auf (0001)-orientiertem V2 O3 wird von dem Gaunt-Modell sehr gut reproduziert (siehe Abbildung 4.20), ein quantitativer Vergleich soll an dieser Stelle nicht angestellt werden. Die Frage nach einer mikroskopischen Ursache der Haftzentren muss an dieser Stelle unbeantwortet bleiben. Es k¨onnen sowohl strukturelle Defekte, als auch die magnetische Kopplung zu den magnetischen Momenten des Vanadiumoxids in Betracht kommen. Mit diesem Modell nicht zu beschreiben sind die Schichten von Fe, Co und Ni auf dem (11¯20)-orientierten V2 O3 , da in diesen F¨allen die Koerzitivfeldst¨arken nicht nur durch eine Dom¨anenwandbewegung, sondern auch durch die starke Anisotropie (und deren Drehung in der Schichtebene beim Co) in der Schichtebene beeinflusst werden.

64

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION V2 O3 FM erg JF/AF kc in cm 2 erg JF/AF ⊥c in cm 2 V2 O3 FM erg JF/AF in cm 2

Fe 0 0 Fe 6, 74 · 10−3

(11¯20) Co 26, 9 · 10−3 49, 3 · 10−3 (0001) Co 15, 2 · 10−3

Ni 9, 1 · 10−3 22, 6 · 10−3 Ni 9, 96 · 10−3

Tabelle 4.3: Aus Gleichung 4.5 bestimmte Grenzfl¨achenenergien zwischen den Ferromagneten (FM) und dem Antiferromagneten V2 O3 in der Orientierung (11¯20) (leichte Richtung ⊥c, schwere Richtung kc) und (0001) bei T = 10 K. F¨ ur alle Schichten, die einen Exchange Bias zeigen, skaliert die Gr¨oße des Exchange Bias HEB mit der reziproken S¨attigungsmagnetisierung und der reziproken Schichtdicke des Ferromagneten. Um die unterschiedlichen Systeme miteinander vergleichen zu k¨onnen ist es u ¨blich, die Gr¨oße des Exchange Bias auf eine Fl¨achenenergiedichte JF/AF umzurechenen [5]. Dazu wird der Exchange Bias mit der S¨attigungsmagnetisierung des Ferromagneten und dessen Schichtdicke multipliziert. JF/AF = MF tF HEB

(4.5)

Die sich daraus ergebenden Werte bei der Temperatur von 10 K sind in Tabelle 4.3 zusammengefasst. Es f¨allt dabei ins Auge, dass die Fe-Schichten nicht nur auf dem (11¯20)-orientierten V2 O3 keinen Exchange Bias zeigen, sondern auch auf dem (0001)-orientierten V2 O3 den kleinsten Wert f¨ ur die ¨ Kopplungskonstante unter den drei Ubergangsmetallen zeigt. Beim Co ist die Kopplungskonstante in etwa doppelt so groß wie die des Ni. Das gilt sowohl in der schweren und leichten Richtung auf V2 O3 (11¯20) als auch auf V2 O3 (0001). Co zeigt nicht nur die gr¨oßte Kopplungskonstante sondern auch eine Drehung der magnetisch leichten Richtung in der Schichtebene, wenn die Probe unter TM I abgek¨ uhlt wird. Darauf wird im n¨achsten Abschnitt genauer eingegangen.

4.2.4

Magnetische Anisotropie unterhalb TM I

¨ Im Falle der Co-Schichten auf (11¯20)-orientiertem V2 O3 kommt es beim Ubergang zu tiefen Temperaturen zu einer Vertauschung der magnetisch leichten und schweren Richtung. Die Hysteresen parallel und senkrecht zur c-Achse des Oxids sind exemplarisch f¨ ur eine Schichtdicke von 5 nm Co bei Raumtemperatur, 155 K und 25 K in Abbildung 4.21 dargestellt. Die leichte Richtung

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN erg J1 in cm 2 erg J2 in cm 2 erg JF/AF in cm 2 erg J1,F/AF in cm2

65

T = 300 K T = 10 K 6, 0 · 10−2 6, 0 · 10−2 5, 5 · 10−2 5, 5 · 10−2 0 −2, 25 · 10−2 0 19 · 10−2

Tabelle 4.4: Anisotropiekonstanten oberhalb (T = 300 K) und unterhalb ¨ (T = 25 K) der Metall-Isolator Ubergangstemperatur f¨ ur eine 5 nm dicke Co ¯ Schicht auf 16 nm V2 O3 (1120). des Ferromagneten bei tiefen Temperaturen liegt dann senkrecht zur leichten Richtung des Antiferromagneten. Eine solche senkrechte Kopplung wurde von Koon f¨ ur kompensierte Oberfl¨achen auch theoretisch beschrieben (siehe Abschnitt 2.1.2). F¨ ur die eigentlich unkompensierte (11¯20)-Oberfl¨ache kommt es durch die Oberfl¨achenstruktur des Oxids zu einer teilweisen Kompensation. Es ist jedoch ungekl¨art, warum sowohl die Ni-Schichten auf V2 O3 (11¯20), als auch die Schichten der Ferromagneten auf dem eigentlich kompensierten V2 O3 (0001) keinen solchen Anisotropiebeitrag bei tiefen Temperaturen zeigen. Um die Hysteresekurven von Kobalt in der schweren Richtung auf (11¯20)orientiertem V2 O3 anzupassen, muss nun auch die Kopplung zum Antiferromagneten in der Energiedichte aus Gleichung 4.3 ber¨ ucksichtigt werden. Das geschieht durch einen Term linear im Skalarprodukt von Magnetisierung des Ferromagneten und dem ¨außeren Feld, der den Exchange Bias beschreibt und durch einen Term der quadratisch in die Energiedichte eingeht. Dieser Term ist verantwortlich f¨ ur die senkrechte Kopplung zwischen Ferromagnet und Antiferromagnet wie sie in Abschnitt 2.1.2 beschrieben wurde und kommt als weitere uniaxiale Anisotropie zur Kristallanisotropie bzw. Formanisotropie hinzu: ∆E = +JF/AF cos(αAF − ϕ) + J1,F/AF cos2 (αAF − ϕ)

(4.6)

Die Winkelbeziehungen der Kopplungskonstanten sind Abbildung 4.15 zu entnehmen. Die leichte Richtung des Antiferromagneten liegt senkrecht zur hexagonalen c-Achse und damit bei den (11¯20)-orientierten V2 O3 -Schichten parallel zu den Rillen auf der Oberfl¨ache. Nach dem Modell f¨ ur unkompensierte Oberfl¨achen mit Rauhigkeit sollte eine Kopplung senkrecht zur leichten Richtung des Antiferromagneten zu erwarten sein, also senkrecht zu den Rillen. In Tabelle 4.4 sind die aus der Simulation der Hysteresekurven einer 5 nm dicken Co Schicht auf 16 nm V2 O3 (11¯20) bei Raumtemperatur und bei 10 K

66

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

1

T = 300 K

-1 -400

-200

200

400

M/M

S

1

T = 155 K

-1 -400

-200

200

400

1

T = 25 K

-1 -400

-200

200

400

H (Oe)

Abbildung 4.21: Hystereseschleifen einer 5 nm dicken Co-Schicht senkrecht (rot) und parallel (blau) zu den Rillen des V2 O3 (11¯20). In der schweren Richtung ist bei 300 K und 25 K eine Simulation der Hysteresekurve durchgef¨ uhrt worden (schwarz).

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

67

zusammengefasst. Die Anisotropie bei Raumtemperatur stammt von der Formanisotropie der Rillen auf der Oberfl¨ache des V2 O3 . Bei der Anpassung an die Messdaten wurde die Formanisotropie als temperaturunabh¨angig angenommen. Der Anteil von der biquadratischen Kopplung an den Antiferromagneten wurde dann bei tiefen Temperaturen hinzugenommen. Es f¨allt auf, dass das f¨ ur den Exchange Bias verantwortliche JF/AF ungef¨ahr eine Gr¨oßenordnung kleiner als die biquadratische Kopplungskonstante J1,F/AF ist. Diese Bedingung geht konform mit der aus dem Modell von Stamps in Gleichung 2.7. Die f¨ ur den Exchange Bias verantwortliche Kopplungskonstante JF/AF stimmt sehr gut mit der Grenzfl¨achenenergie f¨ ur die schwere Richtung aus Tabelle 4.3 u ¨ berein.

4.2.5

XMCD an einzelnen Monolagen von Fe und Co auf V2O3

Um dem Grund f¨ ur das unerwartete Ausbleiben des Exchange Bias bei den Doppellagen aus Fe(110) und V2 O3 (11¯20) auf die Schliche zu kommen, wurden an diesen Schichten XMCD-Messungen bei Bedeckungen von wenigen Monolagen von Fe und Co durchgef¨ uhrt. Das dichroische Signal wurde mit den Summenregeln ausgewertet, um eine quantitative Aussage u ¨ber die Spinund Bahnmomente am Fe und Co zu erhalten. Das genaue Vorgehen bei der Auswertung ist in Abschnitt 3.6.2 beschrieben. Zur Auswertung der mit der TEY-Methode gemessenen Absorptionsspektren m¨ ussen diese f¨ ur S¨attigungseffekte, auch Selbstabsorptionseffekte genannt, korrigiert werden [52]. Sie treten auf, wenn die Austrittstiefe der f¨ ur das Messignal relevanten Elektronen (typisch 20 ˚ A f¨ ur Fe und Co) in die Gr¨oßenordnung der Eindringtiefe der R¨ontgenstrahlung kommt. Das Messignal ist dann nicht mehr proportional zum Photoabsorptionsquerschnitt, wenn die Photonenenergie variiert wird. Bei streifendem Einfall ergeben sich die gr¨oßten Korrekturen, da dann der geometrische Weg der R¨ontgenstrahlung in der Probe verl¨angert ist. Die S¨attigungseffekte des dichroischen Signals spielen bei den hier untersuchten Schichtdicken im Bereich von 20 ˚ A und weniger nur eine untergeordnete Rolle. Das zeigen exemplarisch durchgef¨ uhrte winkelabh¨angige Messungen an einer 16 ˚ A dicken Fe-Schicht. Die sich daraus ergebenden Korrekturen sind in der Gr¨oßenordnung von einigen Prozent und liegen damit innerhalb der angegebenen Fehlerbalken f¨ ur die Spin- und Bahnmomente. Um den Einfluss einer Oxidation der Fe- und Co-Schichten an der Grenzfl¨ache zum Vanadiumoxid bzw. der Oberfl¨ache zu veranschaulichen, sind in Abbildung 4.22 das Absorptions- und XMCD-Signal einer in einem schlechten Va-

68

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

3,0

2,5

TEY (arb.units)

2,0

1,5

1,0

0,5

0,0

-0,5 700

710

720

730

740

750

760

E (eV)

Abbildung 4.22: Absorptionsspektren f¨ ur beide Feldrichtungen und XMCD an den L2,3 -Kanten des Fe einer sauberen, 2 Monolagen dicken Fe Schicht auf V2 O3 (durchgezogene Linien) und einer oxidierten Fe Monolage (gestrichelt). kuum oxidierte Monolage Fe gezeigt. Im Falle einer Oxidbildung der d¨ unnen ¨ Ubergangsmetalle ist die Position der L2,3 -Kante von Co und Fe verschoben und durch das Kristallfeld des umgebenden Sauerstoffs eine ausgepr¨agtere Struktur der Kanten zu erwarten. F¨ ur die im Folgenden diskutierten Messergebnisse lassen die Form und Lage der Absorptionskanten und die Gr¨oße des XMCD-Signals auch f¨ ur die geringsten Bedeckungen nicht auf eine Oxidbildung schließen. Zuerst soll an dieser Stelle auf das schichtdickenabh¨angige Verhalten der Spin- und Bahn-Momente von Fe auf V2 O3 (0001) eingegangen werden. In dieser Orientierung zeigt das Fe im Gegensatz zu den Schichten auf (11¯20)orientiertem V2 O3 einen Exchange Bias. In Abbildung 4.23 ist das mittlere Spin-Moment pro Fe-Atom in Abh¨angigkeit von der Schichtdicke in nominellen Monolagen (ML) aufgetragen. Die Schichtdicke kann anhand der Sprungh¨ohe der L2,3 -Kante des Fe sehr gut kontrolliert werden und ist zus¨atzlich durch eine Schwingquarzwaage geeicht

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

69

2,0

m 1,0

m

m

s

[

B

]

1,5

S

S

RT 120 K

0,5

0,0 0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

t [ML]

Abbildung 4.23: Mittleres Spin-Moment von Fe auf V2 O3 (0001) in Abh¨angigkeit der Fe-Bedeckung in nominellen Monolagen bei Raumtemperatur (rot) und bei 120 K (blau). Die durchgezogenen Linien sind keine Anpassungen, sondern nur Hilfslinien. Die gestrichelte Linie repr¨asentiert den Wert des Volumenmaterials [42]. worden. LEED Aufnahmen an diesen Fe-Schichten zeigen eine Struktur, wie sie vom bcc-Fe her zu erwarten w¨are. Die Reflexe sind jedoch nicht sehr scharf, was auf den Wachstumsmodus der Schichten schließen l¨asst, der sp¨ater ausf¨ uhrlich diskutiert werden soll. Diese Aufnahmen konnten nicht mit einer Kamera aufgenommen werden und m¨ ussen an dieser Stelle fehlen. Eine Monolage bcc-Fe(110) entspricht nominell einer Schichtdicke von 2,03 ˚ A. Da diese XMCD-Messungen, im Gegensatz zu denen an Fe und Co auf V2 O3 (11¯20), nur in Remanenz aufgenommen werden konnten, sind die SpinMomente entsprechend den SQUID-Messungen auf den S¨attigungswert MS korrigiert (MS ≈ 1, 2MR ). Das mittlere Spin-Moment bei Raumtemperatur zeigt eine sehr starke Schichtdickenabh¨angigkeit. Bis zu einer Bedeckung von 4,5 ML ist kein dichroisches Signal zu beobachten. Die Rauschgrenze ist in der Gr¨oßenordnung von wenigen 0/00. Ab einer Schichtdicke von 4,5 ML steigt das Spin-Moment u ¨berpro-

70

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

portional mit der Schichtdicke an und erreicht den vom Volumenmaterial her zu erwartenden Wert von 2 µB bei einer Bedeckung von etwa 8 ML. Um die Ursache des reduzierten Momentes bei kleineren Bedeckungen zu verstehen wurden zwei Schichten mit 3,5 ML und 5,5 ML auf 120 K, die tiefste in der Apparatur erreichbare Temperatur, abgek¨ uhlt. Im Fall der 5,5 ML dicken Schicht steigt das Moment von 75 % des Volumenmaterials bei Raumtemperatur auf 95 % bei 120 K an. Die Curie-Temperatur liegt also oberhalb von Raumtemperatur. Die 3,5 ML dicke Schicht zeigt bei 120 K nur ein Moment von 7 % des Volumenmaterials. Dieses Verhalten legt folgende Deutung nahe: Das reduzierte Moment im Bereich von etwa 3 ML bis 7 ML kommt von einer im Vergleich zum Volumenmaterial reduzierten Curie-Temperatur. Unterhalb von 3 ML bildet sich auch bei tiefen Temperaturen kein magnetisches Moment aus. Eine m¨ogliche Erkl¨arung ist ein Inselwachstum in diesem Dickenbereich. Bei dieser Bedeckung gibt es keine langreichweitige magnetische Ordnung, sondern ein superparamagnetisches Verhalten und damit keine Remanenz. Ab 3 ML kommt es dann zu einer Koaleszenz der Inseln, welche aufgrund eines Gr¨oßeneffektes eine reduzierte Curie-Temperatur haben. Eine solche Koaleszenz wird zum Beispiel auch in dem System Fe auf V(110) beobachet [53]. Ab einer Schichtdicke von 8 ML ist dann das volle Spin-Moment von bcc-Fe ausgebildet. Die Schichtdickenabh¨angigkeit des dazugeh¨origen Bahn-Momentes ist in Abbildung 4.24 gezeigt. Es gibt bei Raumtemperatur f¨ ur Bedeckungen kleiner als 4,5 ML kein XMCD-Signal. Ab einer Schichtdicke von 5 ML erreicht das Bahn-Moment im Rahmen der Ungenauigkeit bei der Auswertung der Dichroismen einen Wert von 0,06 µB . Die Ursache f¨ ur diesen im Vergleich zum Volumenmaterial um 30 % reduzierten Wert ist ungekl¨art. In Abbildung 4.25 ist auf der linken Seite das mittlere Spin-Moment pro Fe- und Co-Atom auf V2 O3 (11¯20) bei Raumtemperatur in Abh¨angigkeit von der Schichtdicke aufgetragen. Das magnetische Spin-Moment der FeSchichten n¨ahert sich ganz im Gegensatz zu den vorher gezeigten Messungen auf V2 O3 (0001) asymptotisch dem Wert von mS,F e = 2µB an, der vom reinen Massivmaterial her zu erwarten ist. An die Messwerte wurde eine Kurve angepasst, welche die folgende Schichtdickenabh¨angigkeit zeigt: 1 mS,F e = 2, 15µB − 0, 45 µB nm t

(4.7)

Diese Schichtdickenabh¨angigkeit ergibt sich aus einer linearen Anpassung des gesamten Spin-Momentes mS t der Fe-Schichten, wie sie in Abbildung 4.26 dargestellt ist. In Worten bedeutet das: Die ersten 2, 1 ˚ A von Fe auf ¯ (1120)-orientiertem V2 O3 zeigen kein magnetisches Moment. Jede weitere Monolage tr¨agt mit dem vollen Spinmoment von bcc-Fe bei. Diese kritische

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

71

0,10

0,08

l

m [

B

]

0,06

0,04

0,02

0,00 0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

t [ML]

Abbildung 4.24: Mittleres Bahn-Moment von Fe auf V2 O3 (0001) in Abh¨angigkeit von der Schichtdicke in Einheiten von Monolagen bei Raumtemperatur. Die gestrichelte Linie repr¨asentiert den Wert des Volumenmaterials [42]. Schichtdicke von 2, 1 ˚ A entspricht genau einer atomaren Lage von Fe(110). Es ist wichtig zu bemerken, dass der S¨attigungswert von Fe nicht fest vorgegeben wurde sondern sich aus der Anpassung ergibt. Das Wachstum der Fe-Schichten scheint demnach ein atomares Lagenwachstum zu sein. Da die weiteren Fe-Monolagen alle mit dem vom Massivmaterial her zu erwartenden Wert zum gesamten Spin-Moment beitragen, kann es sich bei der unmagnetischen Lage an der Grenzfl¨ache nicht um den Einfluss einer reduzierten Curie-Temperatur handeln. Eine Reduktion der Curie-Temperatur bei geringer Bedeckung ist von dem epitaktischen System Fe(110) auf W(110) her wohl bekannt [54]. Dort ist bei 307 K bis zu einer Bedeckung von 1,5 Monolagen Fe kein magnetisches Moment zu beobachten. Oberhalb einer Bedeckung von 2 Monolagen erreicht das magnetische Moment der gesamten Schicht seinen angestammten Wert. Im Gegensatz dazu bleibt hier die unmagnetische Lage im Falle von Fe(110) auf V2 O3 (11¯20) jedoch auch bei der Bedeckungen gr¨oßer als 2 Monolagen bestehen. Diese unmagnetische Fe-Monolage an

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

TEY (arb. units)

72

2,0

5 Å Fe 2

1

[

B

]

1,5

3

TEY (arb. units)

m

S

700 3

1,0

Fe

0,5

Co

0,0 0

2

4

6

8 t (Å)

10

12

14

16

720

740

E (eV) 5 Å Co

2

1

0 780

790

800

810

E (eV)

Abbildung 4.25: Mittleres Spin-Moment pro Fe- bzw. Co-Atom in Abh¨angig¨ keit von der Schichtdicke der Uberlagen auf V2 O3 (11¯20) bei Raumtemperatur (links). Die Momente wurden mit Hilfe der XMCD-Summenregeln ausgewertet. Auf der rechten Seite sind die Absorptionsspektren und das XMCDSignal f¨ ur eine 5 ˚ A dicke Fe- bzw. Co-Schicht dargestellt. der Grenzfl¨ache zum V2 O3 (11¯20) kann die Unterdr¨ uckung, wenn nicht sogar das vollst¨andige Ausbleiben der magnetischen Kopplung und damit des Exchange Bias erkl¨aren. Beim mittleren Spin-Moment pro Co-Atom ist eine v¨ollig andere Schichtdickenabh¨angikeit zu beobachten. Das Spin-Moment steigt linear bis zu einer Bedeckung von 1 nm an und erreicht dort den vom Massivmaterial zu erwartenden Wert von 1,6 µB . Zudem ist kein Anzeichen f¨ ur eine unmagnetische Lage an der Grenzfl¨ache zu erkennen. Der lineare Anstieg des SpinMomentes bis zum vollen Moment des Massivmaterials ist vermutlich in der Wachstumsmorphologie zu suchen. Ein elektronischer Einfluss auf die Zustandsdichte der 3d-Elektronen durch die Hybridisierung an der Grenzfl¨ache ist unwahrscheinlich, da sich ab 5 Monolagen das volle Co-Moment ausgebildet hat. Ein Wachstum flacher Inseln, welche bei einer Bedeckung von 5 Monolagen koaleszieren scheint ebenso unwahrscheinlich, da die Momente bei tiefen Temperaturen nur unwesentlich gr¨oßer sind (etwa 10 %), der qualita-

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

73

35 30 Fe

S

m t [

B

Å]

25 20 15 10 5 0

2

4

6

8

10

12

14

16

t (Å)

¯ in Abbildung 4.26: Gesamtes Spin-Moment mS t von Fe auf V2 O3 (1120) Abh¨angigkeit von der Schichtdicke bei Raumtemperatur. Der lineare Verlauf ist durch eine Gerade angepasst. tive Verlauf jedoch der gleiche bleibt. Somit kann es sich hier nicht um den Einfluss einer reduzierten Curie-Temperatur handeln. Die zu den gezeigten Spin-Momenten geh¨origen Bahn-Momente sind in Abbildung 4.27 dargestellt. Auch hier ist ein qualitativer Unterschied zwischen den Fe- und Co-Schichten zu erkennen. Da die Werte f¨ ur die Bahn-Momente um etwa eine Gr¨oßenordnung kleiner sind, sind sie mit einem wesentlich gr¨oßeren relativen Fehler behaftet als die der Spin-Momente. Bei dem in Abschnitt 3.6.2 beschriebenen Vorgehen bei der Auswertung der Bahnmomente reagiert der Wert f¨ ur das Integral u ¨ber den gesamten XMCD q sehr empfindlich auf Abweichungen in den beiden Absorptionskurven. Falls die Absorptionskurven, je nach Normierung, hinter der L2 -Kante auch nur minimal voneinander abweichen, akkumulieren sich diese Fehler und der Wert f¨ ur q erreicht keinen konstanten Wert. Das Integral u ¨ber die L3 -Kante reagiert darauf wesentlich unempfindlicher. In Falle von Fe steigt das mittlere Bahn-

74

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

0,20

0,12

l

m [

B

]

0,16

0,08 Fe Co

0,04

0,00 0

2

4

6

8

10

12

14

16

t (Å)

Abbildung 4.27: Mittleres Bahn-Moment pro Fe- bzw. Co-Atom in Abh¨angigkeit von der Schichtdicke bei Raumtemperatur (links). Der Volumenwert der Bahnmomente von Fe und Co nach [42] ist durch die gestrichelten Linien repr¨asentiert. Die Momente wurden mit Hilfe der XMCD-Summenregeln ausgewertet.

Moment in ¨ahnlicher Weise an, wie es auch f¨ ur das Spin-Moment pr¨asentiert wurde. Aufgrund der relativ großen Fehler ist jedoch keine Anpassung vorgenommen worden. Besonders ins Auge f¨allt die Tatsache, dass der Wert f¨ ur das Bahn-Moment bei Bedeckungen gr¨oßer als 2 Monolagen u ¨ ber dem Wert liegt, der in der Literatur f¨ ur volumenartiges Fe angegeben ist [42]. Die Erh¨ohung des Bahn-Momentes d¨ unner Fe(110)-Schichten ist auch auf dem Halbleiter GaAs(100) als Substrat beobachtet worden [55]. Diese Erh¨ohung kann durch die geringere Koordinationszahl der Fe-Atome an den jeweiligen Grenzfl¨achen erkl¨art werden. Ein weiterer Beitrag zur Erh¨ohung des Bahnmomentes soll auf diesem halbleitenden Substrat von einer Lokalisierung der 3d-Zust¨ande an der Grenzfl¨ache kommen. Das Bahn-Moment des Co weicht wie das Spin-Moment von dem Verhalten

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

75

200 K

5

50 K

V-L

3

200 K 50 K V-L

TEY (arb. units)

4

2

V O 2

3

3

Co/V O 2

3

2 V O 2

1 0 510

3

Fe/V O 2

3

O-K

520

530 E (eV)

540

550

522

524

526

528

E (eV)

Abbildung 4.28: Absorptionsspektren an der V-L2,3 - und O-K-Kante f¨ ur das reine V2 O3 und f¨ ur die mit Fe und Co bedeckten Schichten bei Raumtemperatur gemessen bei fester zirkularer Polarisation. der Momente des Fe ab. W¨ahrend bei Bedeckungen kleiner als 3 Monolagen das Bahn-Moment im Vergleich zum Volumenmaterial reduziert ist, liegen die Bahnmomente bei gr¨oßeren Bedeckungen in der N¨ahe des Volumenwertes von ml = 0, 155µB . Die oben beschriebene starke Beeinflussung der Spin- und Bahn-Momente von Fe und Co an der Grenzfl¨ache zum V2 O3 sollten sich auch in den Absorptionskanten des V und O niederschlagen. In Abbildung 4.28 sind Absorptionsspektren im Bereich der V-L2,3 - und O-K-Kanten dargestellt. Im linken Teil der Abbildung ist die aus Abbildung 4.9 bereits bekannte tem¨ peraturabh¨angige Anderung an den V-L2,3 - und O-K-Kanten des unbedeck¨ ten Oxids dargestellt. Auf der rechten Seite sind die jeweiligen Anderungen an der V-L2 -Kante vergr¨oßert dargestellt, welche an den reinen Schichten in Abh¨angigkeit von der Temperatur und an den bedeckten Schichten bei Raumtemperatur zu beobachten sind. Das zentrale Ergebnis ist, dass bei Bedeckung mit 5 ˚ A Fe bzw. Co spektrales Gewicht von dem energetisch h¨oher liegenden der beiden Peaks zum tiefer liegenden transferiert wird. Es kommt

76

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

also zu einer Umgewichtung der f¨ ur diese Strukturen relevanten eπg - und a1g Zust¨ande des Vanadiumoxids. Es ist nicht verwunderlich, dass der Einfluss der Grenzflcheneffekte auf die spektrale Form so klein ist, da die beteiligten Energien mit der Kristallfeldaufspaltung (in der Gr¨oßenordnung einiger eV), welche die spektrale Form der Kanten dominiert, in Konkurrenz treten m¨ ussen. Im Vergleich mit Absorptionsmessungen von Park [22] l¨asst sich dieses Ergebnis wie folgt deuten: Durch den Kontakt mit dem Metall kommt es an der Grenzfl¨ache des Oxids zu einer Ver¨anderung von der paramagnetisch metalllischen PM-Phase in Richtung der paramagnetisch isolierenden PI-Phase. Als Grund f¨ ur die Verschiebung in Richtung der PI-Phase bei Bedeckung mit den Metallen kann ein Sauerstofftransfer vom Oxid zum Metall ausgeschlossen werden, da die Absorptionskanten der Metalle keine Anzeichen f¨ ur eine Oxidation zeigen. Es kann sich somit nur noch um einen elektronischen oder strukturellen Effekt (mechanische Spannungen an der Oberfl¨ache) handeln. Wie schon in Abschnitt 4.2.1 ausf¨ uhrlich beschrieben zeigen die ferromagnetischen Schichten Anzeichen f¨ ur laterale Zugspannungen auf das Oxid. Der Einfluss dieser mechanischen Zugspannungen kann bereits die Verschiebung in Richtung der PI-Phase erkl¨aren (vgl. Phasendiagramm in Abbildung 2.3). Die elektronische Beeinflussung des Oxids durch die Fe- und Co-Schichten zeigt aber keinen grundlegenden Unterschied zwischen den beiden Ferromagneten, der das Ausbleiben des Exchange Bias im Falle des Fe erkl¨aren k¨onnte. Vielleicht liegt dieser Unterschied in der elektronischen Struktur des Fe bzw. Co begr¨ undet. Fe ist im Gegensatz zum Co ein schwacher Ferromagnet. Das bedeutet, dass beide 3d-Subb¨ander unbesetzte Zust¨ande an der Fermienergie besitzen. Abschließend kann die mikroskopische Ursache f¨ ur die magnetisch tote Lage nicht aufgedeckt werden. Zu der Aufkl¨arung k¨onnten theoretische Berechnungen der Bandstruktur an der Grenzfl¨ache des Vanadiumoxids zum Metall hilfreich sein. Zur Beantwortung der Frage, ob die Fe-Deckschichten eine magnetische Polarisation des V2 O3 im Bereich der Grenzfl¨ache induzieren, wurde auch der magnetische zirkulare Dichroismus an der V-L2,3 -Kante bei den bedeckten Schichten untersucht. Die Ergebnisse bei Raumtemperatur sind in Abbildung 4.29 f¨ ur jeweils 8 ML Fe auf V2 O3 (11¯20) und V2 O3 (0001) zusammengefasst. Es f¨allt auf, dass das dichroische Signal seine Maxima im Gegensatz zu den XMCD-Signalen am Fe und Co immer an den Flanken der Absorptionskanten hat. Das XMCD-Signal hat also eine ableitungsartige Struktur. Diese l¨asst sich durch eine kleine Energieverschiebung (wenige 0,01 eV) der 2p-Rumpfniveaus gegeneinander verstehen. Die relative Gr¨oße dieses Signals (maximaler Dichroismus durch H¨ohe der Absorptionskante) betr¨agt 5 bzw. 8 0/00 und liegt damit signifikant oberhalb der Aufl¨ osungsgrenze f¨ ur den Dichro-

4.2. V2 O3 /(FE,CO,NI)-DOPPELLAGEN

77

5 V-L

3

V-L

4

2

3 O-K

TEY (arb. units)

2

1

510

515

520

525

0,08

530

535

540

XMCD (0001) Integral (0001)

0,06

XMCD (1120) Integral (1120)

0,04

0,02

0,00

-0,02

510

515

520

525

530

535

540

E (eV)

Abbildung 4.29: XMCD-Signal an der V-L2,3 - und O-K-Kante einer mit 8 ML Fe bedeckten (11¯20)-orientierten (blau) und einer (0001)-orientierten V2 O3 Schicht (rot) bei Raumtemperatur. F¨ ur beide Dichroismen ist zus¨atzlich das Integral u ¨ber die gesamte Kante berechnet worden (gestrichelt).

78

KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

ismus von etwa 1 0/00. Das Integral u ¨ber den Dichroismus an der V-L2,3 - und O-K-Kante verschwindet. Da die Summenregeln in ihrer einfachen Form hier nicht anwendbar sind, muss an dieser Stelle auf eine quantitative Auswertung der XMCD-Signale verzichtet werden. Die absolute Gr¨oße des Signals ist auf der (11¯20)-Oberfl¨ache gr¨oßer, was an den unterschiedlichen Oberfl¨achentopographien der beiden Orientierungen des Oxids liegen kann. Die (11¯20)-orientierten V2 O3 -Schichten haben aufgrund der anisotropen Aufrauhung eine gr¨oßere Oberfl¨ache, und somit sollte die Polarisation an der Grenzfl¨ache erh¨oht sein.

Kapitel 5 Zusammenfassung und Ausblick ¨ In diesem Abschnitt soll abschließend ein Uberblick u ¨ber die zahlreichen elektronischen und magnetischen Grenzfl¨acheneffekte in den Doppellagensystemen V2 O3 /FM (FM: Fe, Co, Ni) gegeben werden. Zudem sollen weiterf¨ uhrende Fragestellungen er¨ortert werden.

5.1

V2O3 -Einzelschichten

In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass trotz des reichhaltigen Phasendiagramms des Systems Vanadium-Sauerstoff und der Empfindlichkeit des Vanadiumsesquioxid V2 O3 auf den Sauerstoffgehalt und mechanische Spannungen epitaktische Schichten hergestellt werden k¨onnen, welche Eigenschaften vergleichbar mit denen des Massivmaterials zeigen. Je nach Orientierung des Vanadiumoxids zum Substrat (Al2 O3 ) kommt es durch die Fehlpassung zu einer unterschiedlichen Oberfl¨achenmorphologie und zu unterschiedlichen Spannungszust¨anden der Schichten. So zeigen die V2 O3 -Schichten auf (11¯20)-orientiertem Al2 O3 geringe Verspannungen aber eine anisotrope Aufrauhung der Oberfl¨ache, hingegen zeigen die Schichten auf (0001)-orientiertem Al2 O3 eine starke Verspannung aber eine isotrope und glatte Oberfl¨ache. Aufgrund dieser unterschiedlichen mechanischen Spannungen l¨asst sich auch das unterschiedliche Verhalten beim Metall-Isolator ¨ Ubergang verstehen. Die nahezu unverspannten V2 O3 (11¯20)-Schichten zeigen einen Widerstandsanstieg von bis zu 5 Gr¨oßenordnungen in einem Bereich von 30 K bei einer Temperatur TM I = 160 K. Die verspannten V2 O3 (0001)Schichten haben einen in der Widerstandsamplitude reduzierten und etwas ¨ zu tieferen Temperaturen verschobenen, breiteren Ubergang. Tunnelspektroskopie und R¨ontgenabsorptions-Messungen zeigen, dass der ¨ Metall-Isolator Ubergang nicht nur im Volumen, sondern auch an der Ober79

80

KAPITEL 5. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

fl¨ache der Schichten passiert.

5.2

V2O3/(Fe,Co,Ni)-Doppellagen

Da die Messungen an den Einzellagen auch an der Oberfl¨ache auf einen ¨ Metall-Isolator-Ubergang schließen lassen, wurden die Schichten mit den fer¨ romagnetischen Ubergangsmetallen Eisen, Kobalt und Nickel bedeckt, um die magnetische Kopplung bei tiefen Temperaturen zwischen dem Oxid und den Ferromagneten zu untersuchen. Durch die ausgepr¨agte Oberfl¨achenstruktur der (11¯20)-orientierten V2 O3 ¨ Schichten kommt es in den Ferromagneten oberhalb der Ubergangstemperatur des Oxids zu einer ausgepr¨agten uniaxialen magnetischen Anisotropie. Diese kann in einem Stoner-Wohlfahrt-artigen Rotationsmodell simuliert werden. Die Schichten auf dem (0001)-orientierten V2 O3 hingegen zeigen in der Ebene keine ausgepr¨agte Anisotropie. ¨ Wenn die Doppelschichten in einem ¨außeren Magnetfeld unter die Ubergangstemperatur des Oxids abgek¨ uhlt werden, kommt es sowohl auf der (11¯20)orientierten als auch auf der (0001)-orientierten Oberfl¨ache des Oxids zu einer Verschiebung der Hysterese entlang der Feldachse. Dieser Exchange Bias ist immer entgegen dem K¨ uhlfeld gerichtet. Die einzige Ausnahme bildet das ¯ Eisen auf V2 O3 (1120), denn dort ist f¨ ur alle Schichtdicken kein Exchange Bias zu beobachten. Als Ursache hierf¨ ur kann mit Hilfe des XMCD-Effektes eine unmagnetische Monolage des Ferromagneten an der Grenzfl¨ache zum Oxid verantwortlich gemacht werden. Der Mechanismus, der zur Ausbildung dieser unmagnetischen Lage f¨ uhrt, bleibt ungekl¨art. Eine Oxidbildung an der Grenzfl¨ache kann aufgrund der Spektroskopiedaten ausgeschlossen werden. Neben der unidirektionalen Anisotropie des Exchange Bias kann es auch zu einer uniaxialen Anisotropie durch den Kontakt mit einem Antiferromagneten kommen. Diese Anisotropie kann mit der Kristall- und Formanisotropie in Wechselwirkung treten und eine Rotation der magnetisch leichten Richtung bewirken. Diese Rotation wird in dem System V2 O3 (11¯20)/Co beobachtet und kann (mit einigen Erg¨anzungen) mit dem oben erw¨ahnten Rotationsmodell f¨ ur die Magnetisierung auch simuliert werden. Als Folge der Bedeckung mit den Ferromagneten ist mit Hilfe der R¨ontgenabsorption eine Modifikation der elektronischen Struktur des Oxids an der Grenzfl¨ache zu beobachten. Die Elektronenstruktur ¨andert sich von der paramagentisch metallischen Phase in Richtung der paramagnetisch isolierenden Phase des Vanadiumoxids. Dabei kann es sich sowohl um einen Einfluss der Hybridisierung an der Grenzfl¨ache, als auch um einen Einfluss mechanischer

5.3. AUSBLICK

81

Spannungen aufgrund der Fehlpassung zwischen dem Metall und dem Oxid handeln. Zudem ist es gelungen, an den mit Fe bedeckten Schichten einen zirkularen Dichroismus an der V-L2,3 -Kante in der Gr¨oßenordnung einiger 0/00 zu messen.

5.3

Ausblick

Um die mikroskopischen Ursachen f¨ ur die unterschiedlichen Arten der magnetischen Kopplung an der Grenzfl¨ache des hier untersuchten Oxids mit den ¨ ferromagnetisch geordneten Ubergangsmetallen besser zu verstehen, k¨onnen theoretische Arbeiten u ¨ber die Elektronenstruktur solcher Grenzfl¨achen hilfreich sein. Da jedoch schon das reine Vanadiumoxid eine Vielzahl von Problemen bei der theoretischen Beschreibung offenbart, ist an eine Berechnung der elektronischen und magnetischen Eigenschaften an der Grenzfl¨ache wohl vorerst nicht zu denken. F¨ ur derartige Berechnungen wird es unerl¨asslich sein, das Wachstum der Ferromagneten auf dem Oxid bei nur wenigen Monolagen Bedeckung eingehender zu untersuchen, als es in dieser Arbeit geleistet werden konnte. Als weiterf¨ uhrendes Experiment k¨onnte es sich als interessant erweisen, das V2 O3 in zwei Ferromagneten einzubetten. So h¨atte man ein System, bei dem die Zwischenschicht je nach Temperatur in den metallischen oder isolierenden Zustand geschaltet werden kann. Es w¨ urde die M¨oglichkeit bieten, an einem System bei hohen Temperaturen einen Riesenmagnetowiderstands- und bei tiefen Temperaturen einen Tunnelmagnetowiderstands-Effekt zu beobachten.

82

KAPITEL 5. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

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Danksagung Mein Dank gilt all denen, die mich u ¨ber die letzten Jahre hinweg sowohl in wissenschaftlicher Hinsicht, als auch außerhalb der Universit¨at begleitet haben. Im einzelnen m¨ochte ich an dieser Stelle danken: • Wolfgang Felsch (Der Meister), f¨ ur seine engagierte und unvergleichlich pers¨onliche Art bei der Betreuung dieser Arbeit. • Frank Leuenberger (Der Vorletzte) f¨ ur die kurzweiligen vergangenen 5 Jahre. Das Ger¨at, das er nicht bauen kann, wird es auch nie geben! • Christian Tusche f¨ ur sein hervorragendes experimentelles Geschick bei der gemeinsamen Arbeit im Labor. • Markus M¨ unzenberg (K¨oln Sport), Wiebke Lohstroh (Die Tulpe aus Amsterdam), Ulrike L¨ uders (Die Spanierin) und Anne Parge (Der Sehfehler) f¨ ur die gemeinsame Zeit in der AG Felsch. • Henning Harms (Der Mentor) f¨ ur die Einf¨ uhrung in die I. Physik aber auch f¨ ur einige Sachen, die hier nicht explizit erw¨ahnt werden sollen. • Uta Bete (Die Seele) und Carsten Mahn (Der Gelsenkirchener) f¨ ur den schon fast legend¨aren technischen Support in der I. Physik. • Gerda Brocks (Die Rote) f¨ ur die pers¨onliche Note, die sogar m¨ utterliche Gef¨ uhle in einem Wecken kann. • Ludwig Beyland (Der Dackelvater), Hartmut Eichenberg (Die Eiche) und allen Angestellten und Azubis aus der feinmeachanischen Werkstatt f¨ ur ihre unerm¨ udliche Aufopferung. • Martin Wenderoth, Norbert Quaas und Alexander Weismann f¨ ur die wundersch¨onen Messungen an ihrem Tunnelmikroskop. • Thorsten Scharf f¨ ur die Versorgung mit pseudo 3-dimensionalen Texturaufnahmen. ¨ • Thomas Becker f¨ ur die STM- und STS-Messungen mit Super-Ubergang. • Allen hier nicht namentlich genannten aktuellen und ehemaligen Mitstreitern in der I. Physik.

• Fran¸cois Bertran, Franck Fortuna, Philippe Ohresser, Silvie Janicot und Gerard Krill f¨ ur die Jahre am LURE bis zur Stillegung im Winter 2003. • Detlef Schmitz, Paolo Imperia und Steffen Rudorff f¨ ur einen u ¨ beraus erfreulichen Aufenthalt am BESSY. • Regine Sass (Mama) und Joachim Sass (Papa) f¨ ur die Unterst¨ utzung w¨ahrend meines Studiums und ihr Interesse daf¨ ur “was er da eigentlich macht“. • Dinah Khatib (Scheffchen) nicht nur f¨ ur die Korrekturarbeiten an diesem Werk, sondern viel wichtiger f¨ ur ihre Liebe und ihr Verst¨andnis u ¨ ber all die Jahre.

Lebenslauf Name: Geburtstag: Geburtsort: Staatsangeh¨origkeit:

Bj¨orn Sass 27.08.1976 Wilhelmshaven deutsch

Schulausbildung 1982–1986: 1986–1988: 1988–1995: 1995

Grundschule Kirchreihe Wilhelmshaven Orientierungsstufe Heppens Wilhelmshaven Gymnasium am M¨ uhlenweg Wilhelmshaven Abitur

Grundwehrdienst 1995–1996: Beobachtungsartillerie Batallion 113 in Delmenhorst

Hochschulstudium Studium der Physik an der Universit¨at G¨ottingen vom WS 1996/1997 – SS 2004 1998: 2001:

Vordiplom Diplom, Thema der Diplomarbeit: Pr¨aparation und Charakterisierung d¨ unner Schichten aus Vanadiumsesquioxid 2000–2004: Wissenschaftlicher Angestellter im Sonderforschungsbereich 345 und 602 Anfertigung der vorliegenden Dissertation am I. Physikalischen Institut

[PDF] Magnetische Grenzflächeneffekte in Doppellagen aus V 2 O 3 und den ferromagnetisch geordneten Übergangsmetallen - Free Download PDF (2024)
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Name: Aron Pacocha

Birthday: 1999-08-12

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